Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

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Globus
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Globus »

Joystick-Offiziere wurden sie bei uns genannt.

Jeder ältere Ltd. Ing. freute sich, so einen zu haben.


Nur --- er empfahl ihn nie als Nachfolger, weil dieser von der Praxis keine/wenig Ahnung hat.

Gruß Globus
Ingo J.
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Ingo J. »

[quote="Robert67"[..]Und beschreibt auch das Dilemma mit den "nur" Hochschuloffizieren, ohne Erfahrung als Matrosen.[/quote]
Nenn mir doch mal bitte einen Industriezweig, wo keine Hochschulabsolventen in den Chefetagen schalten und walten. Die wengisten davon verfügen über eine Ausbildung/Lehre. Wobei ich nicht abspreche möchte, dass eine Lehre für das Verständnis eines Unternehmens sehr hilfreich sein kann.

Gruß,

Ingo
Spatenpauli
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Spatenpauli »

Ingo J. hat geschrieben:[quote="Robert67"[..]Und beschreibt auch das Dilemma mit den "nur" Hochschuloffizieren, ohne Erfahrung als Matrosen.
Nenn mir doch mal bitte einen Industriezweig, wo keine Hochschulabsolventen in den Chefetagen schalten und walten. Die wengisten davon verfügen über eine Ausbildung/Lehre. Wobei ich nicht abspreche möchte, dass eine Lehre für das Verständnis eines Unternehmens sehr hilfreich sein kann.

Gruß,

Ingo[/quote]

Der Unterschied ist aber, daß die mit ihrem Mors auf einen Bürostuhl sitzen und in der Seefahrt häufiger Entscheidungen getroffen werden müssen, bei den es unter Umständen um Leben und Tod geht, oder um Schäden, die hunderte von Millionen kosten.
MfG aus Bremen
Alexander
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Alexander »

Spatenpauli hat geschrieben:
Der Unterschied ist aber, daß die mit ihrem Mors auf einen Bürostuhl sitzen und in der Seefahrt häufiger Entscheidungen getroffen werden müssen, bei den es unter Umständen um Leben und Tod geht, oder um Schäden, die hunderte von Millionen kosten.
MfG aus Bremen
Und das gibt's in anderen Branchen nicht? Baugewerbe, Sicherheitstechnik in Chemieanlagen oder Kernkraftwerken, Bergbau, Konstruktion von z.B. Flugzeugen, etc.?
Meine Schiffsfotos bei Fotocommunity: http://home.fotocommunity.de/squarerigg ... 4&g=240434
ArneKiel

Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von ArneKiel »

Moin,

zum Thread passt folgender TV-Tipp

Mo 06.12.2010 21:30 (3sat) hitec: Überleben auf hoher See - Schiffssicherheit und Seenotrettung

Der Fähr- und Frachtverkehr auf den Meeren nimmt stetig zu. Gleichzeitig steigt auch die Zahl der Schiffsunglücke. Umso mehr sind Seefahrer und Forscher an Schiffssicherheit und Notfallkonzepten interessiert: Wie können Schiffbrüchige geortet und in Sicherheit gebracht werden, und kann das Sinken eines Schiffes verhindert werden? - "hitec" zeigt, an welchen Innovationen Forscher tüfteln.
Dauer ~30 min, bis 22:00
Robert67
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Robert67 »

Ingo J. hat geschrieben:[quote="Robert67"[..]Und beschreibt auch das Dilemma mit den "nur" Hochschuloffizieren, ohne Erfahrung als Matrosen.
Nenn mir doch mal bitte einen Industriezweig, wo keine Hochschulabsolventen in den Chefetagen schalten und walten. Die wengisten davon verfügen über eine Ausbildung/Lehre. Wobei ich nicht abspreche möchte, dass eine Lehre für das Verständnis eines Unternehmens sehr hilfreich sein kann.

Gruß,

Ingo[/quote]

Es gibt einen gravierenden Unterschied.
früher war es meist so, das jemand Schlosser gelernt hat und dann z.B. Maschinenbau studiert hat.
D.h. der Praxisbezug ist da.
Und wenn die konstruierte Maschine dann nicht läuft, sind zumindest nicht gleich Menschenleben in Gefahr.

Bei Bauingenieuren z.B. ist auch immer noch eine Ebene darunter, welche dann eingreifen kann.
Da sagt der Polier dann auch schon, wenn es so nicht machbar ist.

Den "Joystickkapitänen" gehen ja schon fast alle Grundlagen ab.
Wer selber nie Matrosenarbeit machen musste, weiss auch nicht wirklich einzuschätzen was er da anordnet.

Man sieht ja wie die Reedereien diese Leute einordnen.
Das soll keine Abwertung sein, aber nur im Simulator und auf der Schulbank kann man einfach vieles nicht lernen.

In Deutschland haben wir das Problem, kaum eine Reederei stellt noch Deutsche Schiffmechaniker eine oder bildet sie aus.
Woher sollen da dann die Nachwuchsoffiziere mit Erfahrung herkommen?
ArneKiel

Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von ArneKiel »

Robert67 hat geschrieben:
Ingo J. hat geschrieben:[quote="Robert67"[..]Und beschreibt auch das Dilemma mit den "nur" Hochschuloffizieren, ohne Erfahrung als Matrosen.
Nenn mir doch mal bitte einen Industriezweig, wo keine Hochschulabsolventen in den Chefetagen schalten und walten. Die wengisten davon verfügen über eine Ausbildung/Lehre. Wobei ich nicht abspreche möchte, dass eine Lehre für das Verständnis eines Unternehmens sehr hilfreich sein kann.

Gruß,

Ingo

In Deutschland haben wir das Problem, kaum eine Reederei stellt noch Deutsche Schiffmechaniker eine oder bildet sie aus.
Woher sollen da dann die Nachwuchsoffiziere mit Erfahrung herkommen?
Moin,

das Wort "kaum" ist doch etwas arg übertrieben...

Wenn man dem VDR glauben darf, stagnieren die Zahlen gegenüber den Vorjahren (2000-2003) auf hohem Niveau: http://www.vdr-online.de/files/images/S ... aniker.pdf

Bild

Die Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e.V. sieht das auch etwas anders....

Hier die jeweiligen Abschlussklassen der einzelnen Schulen (soo Wenige sind auf den Bildern auch nicht zu sehen):

http://www.berufsbildung-see.de/pruefungen_aktuell.htm
Robert67
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Robert67 »

ArneKiel hat geschrieben: Moin,

das Wort "kaum" ist doch etwas arg übertrieben...

Wenn man dem VDR glauben darf, stagnieren die Zahlen gegenüber den Vorjahren (2000-2003) auf hohem Niveau: http://www.vdr-online.de/files/images/S ... aniker.pdf

Bild

Die Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e.V. sieht das auch etwas anders....

Hier die jeweiligen Abschlussklassen der einzelnen Schulen (soo Wenige sind auf den Bildern auch nicht zu sehen):

http://www.berufsbildung-see.de/pruefungen_aktuell.htm
Dann hat wohl doch endlich ein Umdenken eingesetzt.
Gut so.
Spatenpauli
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Spatenpauli »

Der Enkel von einem Verwandten von mir, hat seine Fahrzeit z T auf Reede vor Helgoland abgerissen, drei Monate als Auflieger. ;)
MfG aus Bremen
rk-qp300
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von rk-qp300 »

Jan Carl Nielsen hat geschrieben:Naaa-ja.. Vielleicht kann ich mal ein Beispiel aus der Praxis geben. Wir haben 2008 mit ca 30 Mann an der Fachhochschule (jetzt Fachbereich Seefahrt Leer) angefangen. Von diesen 30 waren 2 Schiffsmechaniker. Generell sind nur sehr wenige Schiffsmechaniker an der Fachhochschule, die meisten gehen zur Fachschule und nehmen den kürzeren Weg.

Die Fachschulen werfen jedenfalls genügend qualifizierte Offiziere mit Schiffsmechanikerbrief ab, aber ich habe auch schon mit Kollegen von mir gesprochen die an der Fachschule Patent gemacht haben und Absagen bei Reedereien bekamen da sie keinen Bachelor vorweisen konnten..

Was die Praxissemesterstudenten hier angeht kommt mir wirklich manchmal das nackte Grausen: Fahrtzeit in der Maschine oder an Deck gibt es teilweise nur noch wenige Wochen der Rest wird auf Brücke oder in der Kammer abgerissen. Deck und Maschine interessieren teilweise auch gar nicht mehr - Joystickoffiziere trifft es also eigentlich schon sehr gut.


Dem muss ich zustimmen. Ich habe im Februar meinen Schiffsmechanikerbrief erhalten und studiere jetzt an einer FH. Wir sind ca 50 Nautik-Erstsemester und davon haben 10 oder 12 einen Schiffmechanikerbrief. Bei mir sitzen Leute, die haben den Maschinenraum nur gesehen, um mit dem 3. Offi die Feuerlöscher zu kontrollieren. Das war alles an Maschinenerfahrung.
Ich denke auch, dass es selbst in der heutigen Seefahrt immer noch besser ist, den Einstieg in die Seefahrt mit dem Schiffsmechaniker zu beginnen. So lernt man den gesamten Schiffsbetrieb kennen. Und das ist wichtig um diesen später zu führen.
Als C/O wird man sicherlich auch viel besser Arbeiten für die Deckscrew einteilen können, wenn man selber mal zu Deckscrew gehörte.
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