Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

frank0265
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von frank0265 »

MariusC hat geschrieben:
Nur 61.5 % aller Schiffe in der Nähe der "ESTONIA" leisteten Hilfe!

"ANETTE" leistete keine Hilfe!

"ANTARES" leistete keine Hilfe!

"GARDEN" leistete keine Hilfe!

Weshalb nicht ?? Sind die nicht dazu verpflichtet ? Ausserdem wurden die doch vom leitenden Rettungschiff, der SILIJA EUROPA angewiesen, zu Hilfe zu eilen.
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Michel T.
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von Michel T. »

Es wurde ja schon geschrieben das diese Schiffe nicht dazu geeignet waren Personen aus dem Wasser zu retten und auch nicht die mittel dazu hatten. Die Antares hat zum Beispiel fast keine Luken/ Türen im Rumpf ausser die Auffahrrampen. Desweiteren hatten einige Schiffe zum Zeitpunkt der bekanntgabe der Position der Estonia einen Anfahrtsweg von über einer Stunde.
Fischländer
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von Fischländer »

Die Anette war um 0120 35nm entfernt. Sie wäre 0500 an der Position des Unglücks gewesen. Sie hatte um 0131 Funkkontakt mit der Silja Europa und meldete das sie standby auf Kanal 16 sind. Dann wollen sie nichts mehr gehört haben auf Ch. 16 und haben ihre Reise nach Schweden fortgesetzt! So wie ich das verstanden habe, hat der Kapitän wohl zugegeben, dass er nicht mit den erforderlichen Prozeduren, die nach dem Gesetz verlangt werden, gehandelt hat. Die Anette hat auch das PanPan nicht gehört. Der Kapitän schrieb in seinem Bericht, dass er verwundert ist, weil auch andere Schiffe das PanPan von Finnisch Radio nicht hörten.
Ist schon alles bisschen eigenartig!

Die Antares und Garden waren jeweils 25nm entfernt und hätten 04:00 dort sein können. Aber warum sie nicht handelten???

Zum Nachlesen steht es hier auf dem schon bekannten link.
http://heiwaco.tripod.com/epunkt120.htm
JensG. schrieb:
Aber doch noch eine Frage: so wie ich den Funkverkehr verstehe, vor allem in Teil 4 und 5, bereitet man sich auf den beteiligten Schiffen darauf vor, Überlebende der Estonia zu versorgen. Aber es gibt eigentlich keine Aussagen darüber, das/ob/wie man die Passagiere an Bord bringen will. Rettungsinseln scheint auch nur die "Mariella" ausgesetzt zu haben. Verlässt man sich da ausschließlich auf die Küstenwache, oder wie muss ich mir das vorstellen?
Die Verunglückten werden mit helicoptern geborgen und dann zu den Schiffen gebracht.
Die Rettungsinseln wurden ausgebracht, um die Verunglückten eine Rettungsmöglichkeit zu geben. Nicht jeder hat Zuflucht in einem Floß gefunden, viele trieben auch im Wasser.
Warum nur die Mariella Flöße ausbrachte kann ich auch nicht sagen.
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MariusC
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von MariusC »

PAN PAN Meldungen sind Dringlichkeitsmeldungen und ist keine Notmeldung. Es besteht keine unmittelbare Gefahr, wenn diese Meldung über Inmarsat, GMDSS bzw. Digital Selective Calling und auch Sprechfunk VHF CH 16 oder 2182 kHz abgegeben werden. Diese Meldung wird abgegeben, wenn keine externe, weitere, konkrete Hilfe verlangt wird, jedoch um bevorzugste Behandlung gebeten wird.

Anders ist es bei Abgabe von "Maday", welches dreimal widerholt wird, geht kein Digital Selective Calling voraus. Hier ist eine konkrete Notsituation vorhanden in der Hilfe angefordert wird.
Im Falle des Estonia-Unglücks war die MS SILJA EUROPA der On-Scene Coordinator (OSC), welche den Rettungseinsatz mit Hilfe des Maritime Rescue Coordination Centre (MRCC) in Helsinki und Turku leitete. Wobei beide zu Beginn keinen DSC-Alarm erhalten haben und erst durch SILJA EUROPA und MARIELLA einen DSC-Alarm erhalten haben. Helsinki Radio und Marienhamn Radio haben den Funkverkehr bis dahin koordiniert.

M.
Alexander
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von Alexander »

Zur unterschwelligen Kritik, warum keine Rettungsboote ausgebracht wurden, möchte ich, zusätzlich zu den schon vorgebrachten Argumenten, ein weiteres Vorbringen: Ich denke, daß wir alle wissen, daß Schiffe heute mit möglichst wenig seemännischem Personal gefahren werden. Insofern fehlt jeder Mann, der ein Boot bemannt, zunächst mal an Bord. Gerade wenn man aber in ein Gebiet fährt, in welchem ein Schiff zu sinken droht, ist mit Personen, Rettungsinseln, etc. im Wasser zu rechnen, zudem kabbeln sich alle zu Hilfe eilenden Schiffe auf vergleichsweise engem Raum. Ich würde sagen, daß ein verantwortungsbewußter Schiffsführer hier alle Ausguckpositionen bemannen lässt, am besten sogar doppelt, um hier nichts und niemanden zu gefährden, oder?

Alexander
Meine Schiffsfotos bei Fotocommunity: http://home.fotocommunity.de/squarerigg ... 4&g=240434
Fischländer
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von Fischländer »

Da hat MariusC auf jedenfall Recht, Pan Pan = Dringlichkeitsmeldung!
Trotzdem verstehe ich nicht warum nur ein Pan Pan rausgegeben wurde, wenn die Estonia Mayday gegeben hat und die Silja Europa + andere Schiffe dieses gehört haben.
Irgendwie wurde der Ernst der Lage nicht erkannt.
Irgendwie gab es auch Probleme mit dem DSC.
Helsinki Radio hat die Rufe der Estonia nicht mitbekommen, warum auch immer. Wohl irgendwelche Störungen.
Die Mariella konnte Helsinki Radio auch nur über mobilephone erreichen, weil es mit den anderen Geräten nicht geklappt hat.
Dann besprechen Silja Europa u Mariella wie es weiter gehen soll sie sind sich einig, dass sie auf weitere instruktionen von helsinki Radio warten wollen, die ja jetzt informiert sind.
Helsinki Radio informiert die Silja Europa, dass sie ein Pan Pan senden wollen.
Turku Rescue Centre ruft Helsinki Radio und fragt ob sie ein Mayday Relay senden wollen. Ja sagen diese! Senden aber ein Pan Pan, warum???
Dann wird das Pan Pan von helsinki Radio gesendet und das war ein Fehler, es hätte ein Mayday Relay sein müssen.

Hier nochmal der Dialog:
Estonias Mayday call, Part 2:
http://www.youtube.com/watch?v=QWXWoD-7 ... re=related
Part 3:
http://www.youtube.com/watch?v=ntnDo5akm7Q&NR=1
Alexander hat geschrieben:
Zur unterschwelligen Kritik, warum keine Rettungsboote ausgebracht wurden, möchte ich, zusätzlich zu den schon vorgebrachten Argumenten, ein weiteres Vorbringen: Ich denke, daß wir alle wissen, daß Schiffe heute mit möglichst wenig seemännischem Personal gefahren werden. Insofern fehlt jeder Mann, der ein Boot bemannt, zunächst mal an Bord.
Aber nicht auf einem Passagierschiff/Fähre. Außerdem muss jeder Seemann ein "Basic Safety Training" absolvieren. Mit Abschluss des Trainings bekommt er ein Certificate als Rettungsbootsmann für Überlebensfahrzeuge und Bereitschaftsboote.
Jedes verfügbare Besatzungsmitglied wird zu den Ausguckspositionen beordert.
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Michel T.
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von Michel T. »

Fischländer hat geschrieben:Irgendwie wurde der Ernst der Lage nicht erkannt.
Das habe ich beim mehrmaligen anhören des Funkverkehrs und lesen der Unfallberichte auch festgestellt.
Der "MAYDAY" ruf kam in meinem erachten viel zu spät.
Die Estonia hatte zu diesem Zeitpunkt, laut den Berichten, schon bedeutend mehr Schlagseite (50-60 Grad) als vom Offizier der Estonia angegeben.
Ich habe gelesen das der "Blackout" erst bei 40-45 Grad Schlagseite eintritt. Der Offizier konnte die Position aufgrund eines "Blackout" nicht durchgeben. Er gab aber 20-30 Grad Schlagseite an und musste sich an einem Einrichtungsgegenstand auf der Brücke festhalten. Auch wer schlecht schätzen kann wird doch wohl den Unterschied zwischen 30 Grad und 60 Grad wahrnehmen können oder?
Die Schlagseite kam ja nicht von jetzt auf gleich und das Wasser ins Schiff eindringt wird doch normalerweise schnell erkannt, oder nicht?
Der Kapitän der Viking-Line Fähre "Mariella" gab an die ganze Zeit sichtkontakt zur Estonia gehabt zu haben und das kentern gesehen zu haben. Hätte da nicht schon gehandelt werden müssen?
Der "Mayday" ruf kam einfach viel viel zu spät.
Meine Aussage bezieht sich auf die Berichte die ich gelesen habe und basieren alle auf der Annahme das das Wasser über das Autodeck ins Schiff eindrang.
Bei einer Bombe die am Rumpf explodierte (für diese Theorie gibt es ernst zunehmende Fakten) wäre das eine ganz andere Sache mit der Schlagseite.

Gruß Michel
HansP
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von HansP »

Guten Abend,

ich möchte auf einige Aspekte Deines letzten Beitrages eingehen, weil ich denke daß bestimmte Dinge / Entscheidungen / Verhaltensmuster von verschiedenen Perspektiven betrachtet werden sollten:

quote
Das habe ich beim mehrmaligen anhören des Funkverkehrs und lesen der Unfallberichte auch festgestellt.
Der "MAYDAY" ruf kam in meinem erachten viel zu spät.
Die Estonia hatte zu diesem Zeitpunkt, laut den Berichten, schon bedeutend mehr Schlagseite (50-60 Grad) als vom Offizier der Estonia angegeben.
Ich habe gelesen das der "Blackout" erst bei 40-45 Grad Schlagseite eintritt. Der Offizier konnte die Position aufgrund eines "Blackout" nicht durchgeben. Er gab aber 20-30 Grad Schlagseite an und musste sich an einem Einrichtungsgegenstand auf der Brücke festhalten. Auch wer schlecht schätzen kann wird doch wohl den Unterschied zwischen 30 Grad und 60 Grad wahrnehmen können oder?
unquote

Ich glaube, daß es nahezu keinen Menschen gibt, der sich in die Gefühle, Handlungsweisen und Verhaltensmuster der Personen hineinversetzen kann, die in maßgeblicher Funktion an Bord der "ESTONIA" ihren Dienst taten.
Ein solch derartig extreme Situation dürfte fast zwangsweise zu Fehleinschätzungen einzelner Menschen führen.

quote
Die Schlagseite kam ja nicht von jetzt auf gleich und das Wasser ins Schiff eindringt wird doch normalerweise schnell erkannt, oder nicht?
Der Kapitän der Viking-Line Fähre "Mariella" gab an die ganze Zeit sichtkontakt zur Estonia gehabt zu haben und das kentern gesehen zu haben. Hätte da nicht schon gehandelt werden müssen?
Der "Mayday" ruf kam einfach viel viel zu spät.
unquote

Nach allem, was ich zu diesem Thema gelesen habe, muß die massive Schlagseite sehr schnell eingesetzt haben, andernfalls hätten sich wahrscheinlich mehr Menschen (zumindesten bis an Deck) retten können. Die Aussage, daß der Kapitän der "MARIELLA" das Kentern der "ESTONIA" gesehen hat, habe ich bisher noch nirgends gelesen - könntest Du bitte mal die Quelle nennen oder hier einen Link einstellen?

quote
Meine Aussage bezieht sich auf die Berichte die ich gelesen habe und basieren alle auf der Annahme das das Wasser über das Autodeck ins Schiff eindrang.
Bei einer Bombe die am Rumpf explodierte (für diese Theorie gibt es ernst zunehmende Fakten) wäre das eine ganz andere Sache mit der Schlagseite.
unquote

Kannst Du diese Aussage etwas konkretisieren? Mir leuchte nicht ganz ein, weshalb bei einer "Bombe die am Rumpf explodierte" eine andere Problematik auftreten soll, als bei einem offen Bugschott? Beides sind Öffnungen, durch welche größere Mengen Wasser in das Schiff gelangen ...

Letztendlich wurde in den Medien (einschl Internet versteht sich) schon derartig viel über mögliche Szenarien geschrieben (von reiner Faktenlage bis zu wildesten Spekulationen war alles dabei), daß es häufig schwerfällt, den Wahrheitsgehalt einzelner Meldungen wirklich zu beurteilen.

Herzliche Grüße
Hans
Marko Stampehl
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von Marko Stampehl »

Michel T. hat geschrieben: Der Kapitän der Viking-Line Fähre "Mariella" gab an die ganze Zeit sichtkontakt zur Estonia gehabt zu haben und das kentern gesehen zu haben.
Dem Funkverkehr zwischen der SILJA EUROPA und der MARIELLA im Zusammenhang mit den Maydayrufen der ESTONIA ist zu entnehmen, dass genau das nicht der Fall war.
um 01:28:17 - also vier Minuten nach dem Mayday - fragt die SILJA EUROPA die MARIELLA:

...have you any visual contact at all with ESTONIA? Darauf antwortet MARIELLA unmittelbar: "No" (aus dem offiziellen Untersuchungsbericht, der Funkverkehr erfolgte in der Realität auf Finnisch)

MARIELLA war neun Seemeilen nordöstlich der ESTONIA. Es war dunkel und es herrschte schwerer Sturm. Dass sie dort irgendetwas gesehen haben sollen wäre doch sehr unwarscheinlich. Auf dem Radar war die ESTONIA bis ca 0150 Uhr zu finden.

Auch wenn er umstritten ist, empfehle ich die Lektüre des abschliessenden Reports der Untersuchungskommission von Schweden, Finnland und Estland. Ob die darin enthaltenen Schlussfolgerungen richtig sind mag möglicherweise niemals abschliessend geklärt werden. Es finden sich jedoch sehr viele Fakten und Zeugenaussagen darin, anhand derer man ein anderes Bild bekommt. Er ist unter ISBN 951-53-1611-1 im Jahre 1997 bei Edita Ltd. in Helsinki veröffentlicht worden. Titel "Final report on the capsizing on 28 September 1994 in the Baltic Sea of the RoRo Passenger Vessel MV ESTONIA".

Sehe gerade, er ist auch hier: http://www.onnettomuustutkinta.fi/estonia/index.html online abrufbar.

Den Bericht unter http://heiwaco.tripod.com/epunkt120.htm dagegen sollte man mit noch mehr Vorsicht geniessen. Er enthält mir zu viele Behauptungen für die es keine Belege gibt. Ich sortiere diesen Bericht bzw. dieses Buch von Anders Björkman jedenfalls unter "klassische Verschwörungstheorie"
Zuletzt geändert von Marko Stampehl am Di 5. Jan 2010, 22:20, insgesamt 2-mal geändert.
Michel T.
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Re: Beteiligte Schiffe Rettungsaktion Estonia

Beitrag von Michel T. »

http://www.estonia.xprimo.de/estonia/index.html
Dort müsst ihr auf "The Reoprt" klicken. Dann mit den Weißen Pfeilen im blauen Kreis weiter bis zum Inhaltsverzeichniss und dann auf "Chapter 22".
Dann runterscrollen und unter den eingescannten Dokumenten wirds interessant.
Kann sein das ich das was falsch verstanden habe aber seht selbst.

Zu der Schlagseite: Beim nochmaligen durchlesen machts wirklich keinen Sinn was ich da verzapft hab.

Gruß Michel
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