Stabilität von Katamaranen

[Erich1210]

Neulich hatte ich mit Freunden eine Diskussion über das Seeverhalten von Katamaranen bei schlechtem Wetter. Von einer Seite wurde behauptet, dass Katamarane im Vergleich zu konvensionellen Schiffen deutlich anfälliger bei schlechtem Wetter wären. Von der anderen Seite wurde entgegnet, dass die Stabilität höher sei, da Katamarane ja breiter auf dem Wasser liegen würden.

Mich würde mal interessieren ab es wirklich Unterschiede im Seeverhalten (bei vergleichbarer Schiffsgröße gibt) und ob man generell sagen kann, dass anfällige Personen auf einem "normalen" Schiff besser aufgehoben sind?

[Chief Engineer]

Also ich habe mal die Saisonabschlussfahrt auf der Mastercat zwischen Kristiansand und Hirtshals bei ca. 3-4 m See mitgemacht und bin auch einige Jahre auf einem Minenjagdboot, das schaukelt wie ein Lämmerschwanz, gefahren. Anfällige Personen sollten meiner Meinung nach den Kat meiden. Durch die Breite und damit dem großen aufrichtenden Hebelarm ist der Kat ein sehr "rankes" Schiff, in Verbindung mit der meist höheren Geschwindigkeit kommt es daher zu sehr schnellen, harten Bewegungen, die der Mensch nicht so gut verkraftet wie das relativ langsame Hin- und Her eines normalen Rumpfes.

[Dji]

Wobei man sagen muss, dass es bei ruhiger See absolut kein Problem ist und man schnell voran kommt. In schwerer See aber kann ich mir gut vorstellen, dass man dann auf einem Cat Probleme kriegt - nicht umsonst dürfen bei hohem Wellengang die Cats der Helgolandverbindung nicht mehr fahren, siehe auch der Unfall im letzten oder vorletzten Jahr...

[MariusC]

Ein Cat ist erstmal leichter als ein anderes Schiff, das ist durch die Bauart des Schiffes schon vorgegeben. Ebenso haben die Schiffe eine geringere Wasserverdrängung.
Die Querstabilität des Schiffes wird in der Strecke GM ausgerechnet und bildet den Wert um zu beurteilen, wie stabil ein Schiff ist. G= Geschwichtsschwerpunkt M= Höhenlage Metazentrum
Maßgeblich für das Rollverhalten ist der aufrichtende Hebel bei unterschiedlichen Krängungen. Maßgeblich für die Berechnungen sind die das Design des Schiffes, Tiefgang und Beladungszustand.

Ein Cat hat eine sehr hohe Stabilität was zu einem sehr ruppiges Fahrgefühl führt. Da der Cat dann noch wenig Tiefgang besitzt und so vom Wasser kaum Energie während des "rückrollens" aufgenommen werden kann, verstärkt sich dieses Verhalten und ist stärker ausgeprägt als bei "normalen" Schiffes. Auch ein Aspekt, ist die Anfälligkeit des Schiffskörpers gegenüber der Einwirkung von See und Wind.

Marius

[MichaelS-B]

Moin allerseits, moin Erich1210,
ergänzend zu Marius Ausführungen und zum besseren Verständnis für Erich:
Das Metazentrum ist der Punkt an dem die aufrichtenden Kräfte angreifen. Maßgebend für die Stabilität eines Schiffes ist die Distanz zwischen dem G (Gewichtsschwerpunkt ) und dem Metazentrum, das zwingend über dem G liegen muss. Bei Einrumpfschiffen ist es erstrebenswert, dass dieses Maß so ausbalanziert ist, dass das Schiff nicht kentert ( wenn der Wert zu klein ist ) aber sich auch nicht "die Seele aus dem Leib rollt" wenn es zu groß ist. Die Bewegungen sind dann extrem hart, und das Schiff, die Crew und die Ladung leiden. Bei einem Kat ist der Wert M-G sehr groß. Das Schiff ist damit sehr kentersicher, macht aber in rauher See sehr abrupte Bewegungen, wie Marius schon sagte.

Gruß

Michael

[Erich1210]

Vielen Dank für Eure ausführlichen Erklärungen. Einige Wissenslücken wurden hiermit bestens aufgefüllt.