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Dienstag, 25.05.10
Der letzte Tag meiner Reise beginnt für mich wieder recht früh, da ich durch das plötzlich einsetzende und mittler weile fast lieb gewonnene Maschinenvibrieren geweckt wurde. Es ist viertel vor 5 und erforderlich, dass die Aurora ihren Liegeplatz an der rund 5 km langen Stromkaje wechselt.

Natürlich ist zu diesem Zweck bereits ein Lotse an Bord, der das Schiff nur wenige 100 Meter weiter an den äußersten Liegeplatz manöveriert. Die aufgehende Sonne taucht die Szenerie in ein ganz besonderes Licht und ermöglicht ein paar schöne Fotos.
Hier am vordersten Liegeplatz hat man tatsächlich einen "Platz in der ersten Reihe". Die Zeit bis zum endgültigen Verlassen von Bremerhaven um 09 Uhr vergeht wie Flug. Überhaupt habe ich heute noch viel mehr als in den letzten Tagen ohnehin schon den Eindruck, als liefe die Uhr an Bord mit anderem Tempo. Heute passiert für mich an Bord der Aurora eben alles zum letzten mal...
IDA RAMBOW
MAERSK VIGO
HERMANN RUDOLF MEYER
RT ROB
RT PIONEER
BERNE
ECL COMMANDER
MAERSK STEPNICA
Wer hat hier gepennt? Auftraggeber- oder nehmer...
BELIZIA
TOISA VALIANT
ALTE WESER
"Gangway-Mog"
Um 9 Uhr also heißt es ein letztes mal "Leinen los". Die angekündigte Passagierin übrigens hat -aus welchem Grund auch immer- den Weg an Bord NICHT gefunden...
Der Lotse, der hier in Bremerhaven mit einem Schlepper versetzt wird,...

läßt die Aurora zunächst gegen das ablaufende Wasser ein Stück vom Kai Weser-aufwärts laufen, um dann über Steuerbord Richtung Nordsee abzudrehen. Unser Liegeplatz wird unmittelbar nach dem Ablegen von der "HERCULES J" eingenommen.In Bremerhaven geht´s wohl Schlag auf Schlag...
WRE 4
ELECTRON
CORNELIA
GOTTHILF HAGEN
Der Seewetterbericht, der regelmäßig die Brücke "beschallt", meldet Windstärke 7, in Böen 8. Was das bedeutet, erschließt sich mir in diesem Moment noch nicht....
Zunächst genieße ich das herrliche Wetter und freue mich, dass ich ein paar Fotos von DEM Leuchtturm machen kann. Der Leuchtturm "Roter Sand" in der Außenweser ist wohl der bekannteste Leuchtturm in Deutschland und wird -egal an welcher Küste in Deutschland man ist- überall als Souvenier verhökert...
Die Aurora stampft unter dessen tapfer durch die Wellen. Eigentlich sieht die See gar nicht so unruhig aus, aber die Bewegungen des Schiffes zeigen eindeutig etwas anderes an. Sergej, der zu dieser Zeit Wache hat, grinst mich irgend wann an und bemerkt: "Many times you ask about bad wether --- now you can feel it".... Ja danke schön:-)
Ich konnte nicht behaupten, dass es mir besonders gut ging in diesem Moment. Im Stillen hatte ich gehofft, dass Seekrankheit kein Thema mehr ist für mich, musste mich jetzt aber eines Besseren belehren lassen. Das letzte mal, als ich seekrank war, liegt über 30 Jahre zurück und passierte im Hamburger Hafen: Damals arbeitete ich an Bord eines Fischtrawlers in der Maschine. Die Maschine wurde komplett zerlegt. Alles stank nach Fisch, es war bruttig warm in dem engen Maschinenraum und jede Hafenrundfahrt-Barkasse brachte den Trawler zum "Walzertanzen"... Gott sei Dank konnte ich mit wenigen Schritten das Schiff verlassen. Das war heute natürlich nicht möglich. Glücklicher weise hatte ich für den "Fall der Fälle" sogenannte "Reisekaugummis" im Gepäck. Ich meldete mich also auf der Brücke ab und suchte meine Kammer auf. Da die Koffer bereits gepackt waren, kramte ich erst einmal eine Weile herum, bis die "Lebensretter" gefunden waren. Schnell 2 Dinger zwischen die Zähne wartete ich auf den erhofften Erfolg. Der kalte Schweiß lief mir bereits den Rücken herunter. Da ich auf meiner Bank sitzend immer wieder ein wenig einnickte, beschloss ich wider erwartend noch einmal in meine Koje zu steigen. Eine sehr gute Idee, denn es dauerte wohl keine 3 Minuten bis ich mich aus dem Richtkreis verabschiedete....Als ich etwa 2,5 Stunden später wieder aufwachte, verhielt sich die Aurora wieder gewohnt "brav", da wir bereits auf der Elbe waren. Mir ging es wieder prächtig und ich konnte den Weg über die Elbe bei bestem Wetter noch einmal richtig genießen. Die vielen Schiffe, die uns entgegen kamen, holten mich immer wieder aus meinen Erinnerungen an die letzten phantastischen Tage zurück.
"Feederrennen" auf der Elbe
NORDEN
LEVANA
Damit möchte ich jetzt nicht tauschen....
HANSE VISION
MIMMO IEVOLI
Auch auf dem würde ich mich jetzt nicht wohl fühlen...
HANNI
TOR FUTURA
CMA CGM NEVA
GRIMMERSHÖRN
NYK ADONIS
BJÖRN M Müllabfuhr für Helgoland...
MARIDA PATEA
HEINRICH EHLER
KAPITÄN KIRCHEISS
SELANDIA SWAN
MONTREAL EXPRESS
PANTONIO (der wir bereits zu Beginn der Reise im Kanal begegneten)
VISEA
Die nagelneue, von Sietas für W.D.R. gebaute UTHLANDE
NORDMOSEL
BIANCA RAMBOW
HOEGH TROOPER
JOHANNA
DS BLUE WAVE
LOTSE 1 ...
...und zum Vergleich LOTSE 2
NAVI BALTIC
Mit jedem Kilometer, den wir uns Hamburg näherten, wurden die Eindrücke vertrauter. Wie oft war ich hier auf oder an der Elbe und habe davon geträumt, einmal auf der Brücke eines Frachtschiffes hier zu fahren.Jetzt also war es soweit und es war fast vorbei... Wedel mit dem "Willkomm-Höft", Blankenese mit dem Süllberg, Finkenwerder mit der Luftwerft, die alte Lotsenstation, der Blick Richtung Landungsbrücken und Speicherstadt und die Einfahrt in den Waltershofer Hafen mit Blick auf die Köhlbrandbrücke. Ich sog alles auf. Wer so etwas schon einmal erlebt hat, weiß sicher, was ich meine...
Wie viele Leuttürme gibt es eigentlich entlang der Elbe...?
Willkomm Höft
Blankenese
Blick Richtung Landungsbrücken
Lotsenstation
Einfahrt in den Waltershofer Hafen
Am Burchardkai treffen wir die "Jork" wieder, vor der wir auch in St.Peterburg lagen. Die Mannschaft war offensichtlich fleißig in den letzten Tagen und hat damit begonnen, die Farbschäden, die durch das Eis des letzten Winters entstanden waren, zu beheben.(vergl. das Foto von St.Petersburg mit diesem)

Um 19Uhr36 ist die Aurora am Burchardkai fest...

und meine Reise nach 2445 zurückgelegten Seemeilen,25 Lotsen sowie 4 Kanalsteuerern und gut 2700 Fotos auf der Festplatte zu Ende. Mein persönliches Taxi (meine Frau) ist bereits "bestellt". Die Worte zur Veraschiedung fallen mir ungewöhnlich schwer. Irgend wie sind noch einmal alle Besatzungsmitglieder, mit denen ich in den vergangenen 12 Tagen geschnackt und gelacht habe, da, um sich zu verabschieden. Der Kapitän läßt mich wissen: "You are always welcome on board" ... Irgend wie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich jetzt Freunde verlasse. Hätte es irgend eine Möglichkeit gegeben, ich wäre sicher noch eine Reise mitgefahren...
Ich hoffe,euch hat dieser Reisebericht, den ich ganz bewußt auch etwas emotionaler und mit ein wenig Humor verfasst habe, gefallen. Solltet ihr Fragen haben -egal welcher Art- will ich diese gerne beantworten. Die hier gezeigten Fotos stellen natürlich nur einen Querschnitt dar. Ich habe bewußt darauf verzichtet, von der gleichen Szene 3-4 und mehr Fotos einzustellen. Sollte jemand ein Foto -auch als Originaldatei- benötigen, bitte melden...
Liebe Grüße und allen, die jetzt auf den Geschmack gekommen sind: "Gute Reise"
Mattis