Der Mediensturm

Jan Myck
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Der Mediensturm

Beitrag von Jan Myck »

Wind über Hamburg – Schwimmbad geschlossen


Liebe Schiffahrtsfreunde,

beim heutigen Wocheneinkauf im Supermarkt
wollte ich wissen wie sich die Medien nach ihrer Sturmblamage nun herausreden werden.

Aber weit gefehlt: Der ganze Klamauk der gestrigen Weltuntergangsankündigung
aufgrund der herbstlichen Wetterlage wurde noch einmal akribisch runtergeleiert.
Einzigster gewissenserleichternder Zusatz: „Hamburg kam noch einmal glimpflich davon“.

Richtig hätte es heißen müssen:
Die gestrige frische Herbstbriese mit Windstärken im Mittel zwischen 6-7 Beauf., erreichte in nur 2-3 kurzen Spitzenböen volle Sturmstärke.
Eine übliche Wetterlage zum Übergang in das Winterhalbjahr die in der Stadt ohne nennenswerte Schäden blieb.

Aber so stand es nirgends. Leide ich an Warnehmungsstörungen?

Ich bin 1956 in Hamburg geboren.
Solange ich denken kann, hat kein Hahn wegen einem Herbstwind gekräht.
Aber seit etwa der Jahrtausendwende muß eine Art Informations-Ausnahmezustand
gelten.

„Behörden und Arbeitsämter geschlossen.
Schulen geschlossen
Schwimmbad geschlossen.
Bußgeld für Surfer auf der Alster“

Die Skurilitäten nehmen kein Ende.
Man glaubt es nicht wenn man es nicht selbst erlebt hätte.
Aber ich war gestern hier und hellwach in meiner Stadt.
Habe nicht ferngesehen, nicht Radio gehört, nicht Zeitung gelesen,
sondern zum Fenster rausgesehen.
Bin an der Elbe spaziert und habe die Windstärke eingeschätzt,
was ich mein Leben lang tue.

Und zuhause an der Wand hängt ein wunderbares hochwertiges Luftdruckmessgerät.
Da klopfe ich ab und zu mal gegen.
Gestern habe ich auch geklopft.

Aber der Zeiger stand knapp unter der 11-Uhr Position.
Das ist so was bei 995 – 1000 Millibar.
Tiefer wollte er nicht.

Tja, da müssen wohl die Schimmbäder geschlossen bleiben.
Schon aus Gründen des zu erwartenden Wellenganges.

Gruß von den Kümos
jan myck
Zuletzt geändert von Jan Myck am Fr 6. Dez 2013, 23:08, insgesamt 2-mal geändert.
christian E
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von christian E »

Hallo Jan, du schreibst mir von der Seele!
Solch ein Medienrummel wegen solch einer "Steifen Briese" ist einfach lächerlich und total überzogen.
Klar ist das windig und das Wasser läuft auch höher auf als normal - aber mehr auch nicht!
Die Deiche sind in den letzten Jahren alle erhöht, oder. Und nach meinem Informationsstand ist nirgends etwas dramatisches passiert. Nur die Medien bauschen diesen Sturm auf als ob morgen der letzte Tag wäre.


Ich habe das ganz dumpfe Gefühl, dass die Medien derzeit nichts anderes zu berichten haben bzw. mal wieder von den eigentlichen Problemen im Lande ablenken wollen (z.B. SPD-Mitgliedsbefragung am 14.12.).

Nachdenkliche Grüße

Christian
Jan Myck
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von Jan Myck »

Moin Christian,
mit deinem letzten Satz triffst Du es.

Offenbar hatte man auch Sorge, daß die Grindelhochhäuser einstürzen.
Eine Freundin schrieb mir gerade dies:

"Gestern wollte ich einen neuen Reisepass beantragen am Grindel - war wegen
Sturm geschlossen. Also nur einmal Paternoster rauf und runter"

Da hatte ich ja richtig Glück, daß das Verkehrsamt gestern auf hatte..

Gruß,
jan
Krisu
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von Krisu »

moin, jan!

es war ja nur ne frage der zeit, wann diese art der medienberichterstattung auch bei euch is.
wir sind ja in der EU! muss man ja angleichen.

weltuntergang ist ein bisschen wind immer. vor dem letzten sturm wurde prophezeit, dass zehntausende hier bei uns ohne strom wären und alles zum erliegen käme. war dem so? fehlanzeige. obwohl es aufm land wegen der uberlandleitungen und darauffallenden bäumen (meist kurzzeitig) zu ein bisschen problemen mit strom kommen konnte und auch an 2 stellen im schienennetz umgesturzte bäume fur probleme sorgten, wurden diese ziemlich schnell wieder gerichtet oder durch ersatzverkehr per bus kurzzeitig "umgangen".
hatte die gelegenheit nach dem letzten sturm hier mit leuten zu reden, die auf dem lande wohnen. ja, der strom war bei ihnen 10 stunden weg. hat es probleme gegeben? nö, sie sind es schon gewohnt. nich ma der inhalt der tiefkuhltruhe hat unter diesem (wie sie sagten) kurzen ausfall gelitten. "war doch garnix", sagte die frau des hauses schulterzuckend. liest man sowas hinterher in den medien? nee, is nicht sensationell genug. aber nun hab ich meinen ruf als stadtmensch weg, wegen meiner fragen nach den auswirkungen von wind dort.
hier haben es sich die leute jetzt als antwort zu den medien zu einem sport gemacht, die vorhersagen des weltunterganges mit digikameras zu untermauern. da wird aus dem kleinen 10cm zweiglein das auf der strasse liegt, mit dem richtigen kamerawinkel und der richtigen vergrösserung zu einem "riesen ast". und diese fotos sendet man dann bei den medien in öffentlichen bilderforen hin (ähnlich wie es z.b. in D bei bild gibt).

wir lachen uns hier jedes jahr halbtot und haben es uns zu so einer art sport ausgewählt mal zu zählen, wieviele medien das wort "lumikaaos" (=schneechaos) erwähnen, wenn ein wenig schnee angesagt ist. du wirst es nicht glauben, unser zähler ist schon bei 3 innerhalb der letzten 2 wochen, obwohl es hier in helsinki draussen grau ist. ok, zugegebenerweise - im norden ist ein wenig mehr schnee... bis zu knapp einem meter (ja, in der höhe, nicht in der breite), aber was solls. ist auch kein grund fur medien einen "ausnahmezustand" auszurufen.
besonders leicht zu verwirren sind laut medien die autofahrer in finnland. ja, es gibt jedes jahr einige idioten, die nich fahren können im winter, aber jedes jahr lesen zu mussen, dass "schneechaos die autofahrer uberrascht" (="lumikaaos yllätti autoilijat"), grenzt ja schon fast an die unterstellung einer art von naivität, die blondinen aus witzen der 80er/90er als genies dastehen lässt. dass da denn nun NORMALE 3-10 cm schnee runterkamen, davon is hinterher nix zu lesen.

normale wetterumstände, die von "sonnig und mild" abweichen sind jedes mal als "phänomene" (="ilmiö") zu definieren. das ist standardvokabular.
und es ist doch normal, dass nach jedem "wetter" irgendwelche einzelfälle zu finden sind (z.b. umgefallene geruste nach sturm usw). bilder davon sieht man immer mit dem vermerk "siehe die schrecklichen bilder" (="katso järkyttävät kuvat") sowohl in den printmedien auf papier, als auch auf deren internetseiten. SO macht man

ich habe keine ahnung, ob o.a. vokabular/schreibstil auch in D standard ist bei der wetterberichterstattung. wenn noch nicht, ist meine vorhersage, dass ihr euch auf was gefasst machen musst. ob die schreiberlinge eine neue generation von "weicheiern" representieren, bei denen alles andere als "sonnig und mild" panikattacken auslöst oder was sonst an dieser art von vorwegberichterstattung dahintersteckt, weiss ich nicht. bei normalmenschen (oder noch extremer bei aktiven älteren (oder ex-)seefahrern, wie sie in meinem bekanntenkreis haufenweise zu finden sind), sorgt sogar die erwähnung von wind unter 20 m/s in den medien fur schallendes gelächter oder kopfschutteln.

es scheint, dass die welt nicht mehr bedrohlich genug ist. deshalb mussen die medien dafur sorgen, dass genug adrenalin durch die adern ihrer leserschaft fliesst mit dieser art der berichterstattung/prophezeihungen im vorweg. aber cih hinterher entschuldingen fur panikmache ist nicht. im gegenteil, einzelfälle werden dann kurzzeitig als zeugnis der richtigkeit des drohenden weltunterganges gewertet und jeder umgesturzte baum ist ein beweis (am besten auf bildern), dass wir nur um haaresbreite dem weltuntergang entgangen sind.

aber naja.. wunsche eine ruhige weihnachtsvorzeit :)

ps: nach art der medienberichterstattung lasse ich unerwähnt, dass bei uns in einigen ausnahmefällen die nächste stufe schon erreicht ist (bei euch auch?). nämlich experten, die im nachhinein "wetterphänomene" in den medien als "normal" hinstellen und beweisen, dass es nicht um sehr aussergewöhnliches ging. im gegensatz zu den riesengrossen seitenlangen weltuntergangsmeldungen im vorweg, werden diese "korrekturen"in viel kleinerem masstab gemacht, höchstens 2 spalten a 4cm, ohne bilder zu benutzen! das wär ja was, wenn man ne richtige statistik abdrucken wurde, die panikmache als falsch erwiese. doch diese richtigstellungen in meinem obigen text zu erwähnen, wurde den effekt der ankundigung "medienunterganges" zerstören ;)
Fehntjer
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von Fehntjer »

Wenn es keine Vorbereitungen und Vorsichtsmaßnahmen gegeben hätte und es wären Personen zu schaden gekommen hätten die selben Leute die jetzt hier meckern und lästern gefragt warum keine Vorbereitungen getroffen worden wären.
RonnyM
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von RonnyM »

...dann kann ich daraus den Schluß ziehen: Vertieft die Elbe und die Flut läuft nicht so hoch auf... :twisted:

Grüße Ronny
Carsten H. Petersen
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von Carsten H. Petersen »

Moin ,

Ich freue mich , dass es hier im Forum noch echte eisenharte Kerle und Haudegen mit Manneszucht gibt , denen das lächerliche bisschen Wind nichts anhaben kann . Nicht so wie diese verweichlichten Medienfritzen , Sesselfurzer und Wissenschaftsnerds mit ihren albernen Computern . Alles sowieso latent Schwule . Orkane und Sturmfluten sind kein Problem, es gibt doch Deiche und im Falle eines Zweifels blickt man halt prüfend aufs Barometer und in den Himmel , den alleinigen und unbestechlichen Indikatoren für die Wetteranalyse . Falls es jemand nicht begriffen haben sollte : das war Sarkasmus .

Ein Grund für die hohe Opferzahl der 1962er Sturmflut war natürlich die Unzulänglichkeit der Deiche , eine andere die Tatsache , dass bei diesem Unglück viele Einwohner niedrig gelegener Stadtteile wie Wilhelmsburg , Veddel etc. von den Ereignissen völlig überrascht worden sind . Hätte es damals bereits eine "hysterische Berichterstattung" wie im Vorfeld dieses Orkans gegeben , hätten die meisten der späteren Opfer sich in Sicherheit bringen können . Es ist mit sehr viel lieber , wenn man im Nachherein sagen kann :"Naja , ganz so schlimm kam es letztlich dann doch nicht, aber man hat Vorsichtsmassnahmen ergreifen können." als hinterher viele Opfer beklagen zu müssen . Dieses mal waren alle entsprechend präpariert und in gewissem Rahmen hat die Berichterstattung im Vorfeld des Orkans dazu beigetragen . Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause ( A21 und A1 ) war erheblich weniger Verkehr unterwegs als es sonst üblicherweise der Fall ist . Die Leute blieben sicherheitshalber zu Hause .

Ob der Luftdruck nun 995 oder 1000 oder 980 Hektopascal betrug , ist für die Windstärke und die Wellenhöhe sicher nicht so relevant wie der Druckgradient oder der Fetch und die waren nicht gerade unerheblich .

Auf Sylt betrugen die Windböen meines Wissens 184 km/h , das sind in etwa 100 Knoten . In Schottland bei Fort William betrug die Spitzengeschwindigkeit 229 km/h , das sind 123 Knoten . Bei mehr als 64 Knoten Windgeschwindigkeit spricht man von 12 Beaufort . Aber das ist ja nur ein kleines Mützchen voll Wind . Die Tatsache , dass der Orkan ca. 2 Tage blies ? Geschenkt . Die Tatsache , dass er aus NW kam und das Wasser in die Elbmündung drückte ? Irrelevant . Wenn jemand darüber berichtete , dann nur , um von der SPD-Mitgliederbefragung abzulenken .

Was lernen wir daraus ? DWD , Medien und dieses ganze Brimborium gehören abgeschafft . Was wir brauchen , ist der Eröffner dieses Threads . Ein Mann mit unbestechlichem Blick und Sachverstand . Der klopft dann an das Barometer ( 1000 hPa , alles paletti , alles weitere zur Wetterbeobachtung wird sowieso überbewertet ) , geht wachen Auges am Elbstrand entlang und analysiert ( man kann noch gehen , die Bäume kippen nocht nicht um und es kommen einem keine Linienbusse entgegengeflogen , somit ist alles gut ) mit messerscharfem Urteil die Lage und das ist dann die Basis eventueller Massnahmen .

Beim nächsten Orkan haben wir dann halt ein Paar Milliarden € Schaden und das eine oder andere Todespfer zu beklagen . Aber das hat es ja schon immer gegeben .

Schuld ist sowieso nur die SPD mit ihrer Mingliederbefragung .

Carsten
Tim S.
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von Tim S. »

Also dass die SPD an allem Schuld ist, ist klar. Das sollte man grundsätzlich mal so festhalten. Deshalb hat sie auch Xaver bestellt. Ansonsten ist natürlich an beiden Standpunkten was dran. 1. Es war gut und richtig, umfassend vorzubereiten und zu warnen. Das hat Opfer vermeiden helfen. 2. Darüber hinaus tendieren Medien heute natürlich mehr als früher zu einer Hysterisierung und binden ihre Reporter inmitten der tobenden Fluten an, damit sie schnappatmend aus dem Auge des Orkans berichten können. Das kann, wenn es flächendeckend geschieht und man vielleicht als älteres Semester die noch nicht dauerhyperventilierenden Medien noch erinnert, zu einer gewissen Überdrussreaktion führen. Das kann ich auch verstehen.
Garsvik
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von Garsvik »

- Ich gehe davon aus, dass Wettervorhersagen für das Wetter morgen meist grobe Unsicherheiten enthalten.
- Wenn ich morgens um sechs das Wetter für die deutsche Bucht für den gleichen Tag höre, sind da noch immer Unsicherheiten drin.
- Weiter als 2 Tage im voraus ist eher gar nichts vorhersagbar.

Und wenn das so ist, dann sollten die Wetterdienste auch nur solche Vorhersagen machen - für einen "Jahrhundertorkan" reichen 2 Tage Vorwarnzeit.

Und natürlich ist es den umsichtigen Schützern zu verdanken, dass keine größeren Schäden entstanden sind. Ansonsten ist es der Job der -ohnehin schwächelnden- Tagespresse, dolle Sachen zu schreiben, die dann auch noch gern gelesen werden. Wobei der Wahrheitsgehalt nebensächlich ist.

Garsvik
Burkhard
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Re: Der Mediensturm

Beitrag von Burkhard »

Jan hat mit diesem thread genau den Nerv getroffen, der bei mir am Mittwoch vor der medialen Untergangsstimmung auch nur leichtes Kopfschütteln verursachte! Das erinnert mich an die noch kommenden Panik-Meldungen, dass wir bald unverhofft und völlig unvorbereitet mit Frost und Schnee rechnen müßen! Stehen wir Nordlichter nicht jeden Herbst und Januar/ Februar am Deich und schauen unspektakulär dem jährlich wiederkehrenden Schauspiel der Natur zu...???

Burkhard
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