Estonia

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Christian Costa
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Re: Estonia

Beitrag von Christian Costa »

Naja Stockholm - Mariehamn - Turku ist nun fast nur im Schärengebiet. Da gibt es nur die ca 2h offene See zwischen Schweden und Åland. Der Rest sind nur Schärengebiete. Das ist schon ein wenig anders, als Tallinn - Stockholm.
Nichtsdestotrotz darf das kein Grund sein.
Es ist und bleibt beides ein Seeweg und keine Binnenschifffahrtsstraße.
MfG & bis neulich
Christian

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Lion Prince
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Re: Estonia

Beitrag von Lion Prince »

Ja, so habe ich das auch verstanden. Deshalb ja meine Frage, weil doch die Finnische Bucht gar nicht so gross ist, dass ich da einen Unterschied sehen kann. Zwischen Åland und Stockholm ist doch das Meer viel weiter. Ich will es halt nur verstehen, den mein laienhafter Blick auf die Karte erschließt es mir nicht. Deshalb die Frage, ist dass irgendwo geregelt? So etwa, dass für diesen Abschnitt der Ostsee gilt . . . Diese sogenannten Verschwörungstheorien entstehen doch durch nicht schlüssig erscheinende Informationen. Was z.B. macht einen solchen Unterschied zwischen dem Bottnischen Meer und dem Finnischen Meer, beide Buchten sind doch recht flach. Die Estonia war doch im Finnischen Meer unterwegs als das Unglück passierte. Das ist doch keine offene Ostsee.

Vielleicht bringt das Urteil ja Aufklärung, aber ich habe da doch Zweifel.
Volker Landwehr
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Re: Estonia

Beitrag von Volker Landwehr »

Das Problem der meisten Unfalluntersuchungen ist, das oft nur eine wahrscheinliche Unfallursache und mitwirkende Sachverhalte ermittelt werden können. Folge sind dann auch schon mal Verschwörungstheorien.

Ich denke die Frage nach den unterschiedlichen Fahrgebieten war der Versuch, eine Begründung für das Brechen der Scharniere des Bugtors zu finden. Ich könnte mir vorstellen, dass es im Regelwerk von Bureau Veritas auch Regeln für die Bemessung der Scharniere gab. Monsterwellen wurden erst 1995 anerkannt, so dass es gut möglich ist, dass die Scharniere regelkonform unterdimensioniert waren, dass Bureau Veritas die mögliche Kräfte unterschätzt hatte.

2007 wurde eine neue Computersimulation durchgeführt. Das Ergebnis war, dass am Scharnier bei Wellengang und Fahrgeschwindigkeit Kräfte auftraten, für die die Scharniere nicht ausgelegt waren. Eine Sprengung wäre garnicht nötig gewesen. Danach ließ sich der Untergang vollständig unter den übrigen Randbedingungen mit dem Verlust der Bugklappe und der dahinter liegenden Rampe erklären. Das Untergangsszenario und die wahrscheinliche Ursache des offiziellen Unfallberichts waren damit plausibel.

Es hat unverständliche Aktionen gegeben und es mag Militärmaterial transportiert worden sein, aber es gibt meines Wissens keine Beweise für Einflüsse auf Unfallgeschehen. Das läßt sich alleine aus den nautischen und schiffbaulichen Randbedingungen erklären.
Lion Prince hat geschrieben: Mo 15. Jul 2019, 16:21 Ich merke schon wieder, dass da nichts stimmig zu sein scheint, nur für diesen Schmierfink von der Welt sind die Ungereimtheiten natürlich Verschwörungstheorien.
Einen Journalisten als Schmierfink zu bezeichnen, weil er Begleiterscheinungen anders bewertet als Du, halte ich für unverschämt. Da ich seine Meinung bezüglich der Verschwörungstheorien hinsichtlich der Unfallursache teile, wie nennst mich dann?
Gruß, Volker
mirkman
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Re: Estonia Urteil

Beitrag von mirkman »

Lion Prince hat geschrieben: Mo 15. Jul 2019, 15:17 Es wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die ESTONIA (VIKING SALLY) eigentlich nicht für das Fahrtgebiet konstruiert war. Nun, soweit mir bekannt ist, wurde die VIKING SALLY für die Strecke Stockholm - Mariehamn - Åbo bestellt und dort eingesetzt. Die Strecke zwischen Stockholm - Mariehamn geht doch auch über die offene Ostsee. Gibt es da Unterschiede? Später wurde die Fähre auf der Route Vasa - Sundsvall durch das Bottnische Meer eingesetzt, das scheint mir von den Entfernungen zur ESTONIA-Route vergleichbar. Gibt es da wirklich rechtliche Unterschiede?
Fernab aller Verschwörungstheorien gibt es hier eine Dissertation von 2009 zum Untergang, in der auch schlüssig das unterdimensionierte Bugvisier (bzw. dessen Aufhängungen) als Ursache festgemacht wird:
https://d-nb.info/997688971/34

Darin ist auch das Klassezeichen angegeben: BV I 3/3 + Deep Sea Ice Class IA Car/Passenger Ferry
"Deep sea" kann mit den heute gängigen "unrestricted navigation" oder "unrestricted service" gleichgesetzt werden. Demnach war sie für weltweite Fahrt ausgelegt.

Fähren dieser Größe nur für küstennahen Einsatz zu konstruieren macht auch nur selten Sinn. Wenn man die Kostenersparnis dem Wiederverkaufswert gegenüberstellt, sieht das meist nicht gut für den Reeder aus.
Dji
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Re: Estonia

Beitrag von Dji »

Volker Landwehr hat geschrieben: Mo 15. Jul 2019, 22:19 Einen Journalisten als Schmierfink zu bezeichnen, weil er Begleiterscheinungen anders bewertet als Du, halte ich für unverschämt.
Da dieser "Journalist" in seinem Artikel aber auch steif behauptet, 80m Wassertiefe sei viel zu tief für Taucher (Freitaucherrekord über 200m, von Robotern ganz zu schweigen) disqualifiziert er sich selbst und die Bezeichnung mag vom Wording her diskutabel, aber geht in die richtige Richtung.
Aktuelle Videos zu Schifffahrt, Meer, und Urlaub auf meinem Kanal:
https://www.youtube.com/c/SchiffsKanal
Volker Landwehr
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Re: Estonia

Beitrag von Volker Landwehr »

Dji hat geschrieben: Di 16. Jul 2019, 09:40
Volker Landwehr hat geschrieben: Mo 15. Jul 2019, 22:19 Einen Journalisten als Schmierfink zu bezeichnen, weil er Begleiterscheinungen anders bewertet als Du, halte ich für unverschämt.
Da dieser "Journalist" in seinem Artikel aber auch steif behauptet, 80m Wassertiefe sei viel zu tief für Taucher (Freitaucherrekord über 200m, von Robotern ganz zu schweigen) disqualifiziert er sich selbst und die Bezeichnung mag vom Wording her diskutabel, aber geht in die richtige Richtung.
80m Tiefe ist nur noch mit speziellen Atemgasgemischen von gut ausgebildeten Profis erreichbar und ist teuer. Freitauchen ist etwas ganz anderes. Da ist eine Taucherkrankheit wegen des kurzen Aufenthaltes in der Tiefe nicht bekannt, außer es werden viele solcher Tauchgänge in kurzen Intervallen durchgeführt. Aber der Journalist hat nicht behauptet, 80 m sei zu tief.

Hast Du den Artikel gelesen? Hier das Zitat aus dem verlinkten Welt-Artikel: Das Wrack wurde nicht vollständig untersucht, weil es in einer Tiefe von rund 80 Metern liegt, wo es nur speziell ausgebildete Taucher erreichen können. Das ist teuer und versprach wenig Erkenntnisse.

Der Satz drückt genau das aus, was auch geschehen ist. Hier ist ein Link zum JAIC Final Report: http://www.multi.fi/estonia/estorap.html
Im Chapter 8 sind Beobachtungen nach dem Unfall zusammen gefasst: http://www.multi.fi/estonia/estorap.html#_Toc405839473
Unter 8.2 ist die Untersuchung mit einem ROV beschrieben und unter 8.4 die durch Taucher.

Zitat: 8.4 Diving investigation
The Swedish Government ordered a diving survey of the wreck to establish the condition of the interior of the vessel and the feasibility of lifting the entire wreck or recovering individual victims. A commercial deep-sea diving contractor was commissioned by the Swedish Maritime Administration for this purpose. The diving contractor was also commissioned to perform - for the Commission - a survey of the navigation bridge and the vessel's bow area. The diving survey was supplemented by ROV inspection of certain areas. The survey was carried out on 2- 5 December 1994.
The divers' observations and the ROV surveys were recorded on videotapes and in written reports. Certain parts from the visor attachment devices were recovered from the wreck for investigation. The detailed findings in the various areas are described in the following sections. The following parts were removed and brought to the surface:

Gruß, Volker
Garsvik
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Re: Estonia

Beitrag von Garsvik »

Ich halte die Bezeichnung "Schreiberling" für die maximal abwertende Bezeichnung, die einem Autor eines Beitrags passieren kann, ohne die Netiquette grob zu verletzen.
Die Estonia ist Geschichte. Ich schlage vor, das Urteil des Gerichtes abzuwarten. Es scheint ohnehin nur um die finanziellen Zuwendungen an Hinterbliebene zu gehen.

Garsvik
fritzeflink
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Re: Estonia

Beitrag von fritzeflink »

Ja, wirklich empfehlenswert ! Auch das Interview mit Henning Witte bei youtube....
Volker Landwehr
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Re: Estonia

Beitrag von Volker Landwehr »

Tritschi Creutz hat geschrieben: Di 16. Jul 2019, 16:31 Man sollte sich vielleicht einmal die Publication von Jutta Rabe anschauen oder lesen.
Da halte ich mich lieber an den endgültigen Unfallbericht, die spätere Simulation (2007) und die Dissertation

Alle Spekulationen, was alles vertuscht werden sollte, mögen ja teils berechtigt sein. Nur haben sie aus meiner Sicht nichts mit dem Untergangsszenario zu tun.
Frau Rabe spricht, wenn ich mich richtig erinnere, von drei Explosionen im Inneren. Wenn sie zum Untergang geführt hätten, müsste es Löcher im Rumpf geben. Die Inspektionen mit ROV und durch Taucher, die anfangs einen Überblick über den Gesamtzustand des Wracks und Bewertungsgrundlagen für die Möglichkeit einer Hebung bringen sollten, fanden keine Löcher: http://www.multi.fi/estonia/estorap.html#_Toc405839479
ROV-Untersuchung: http://www.multi.fi/estonia/estorap.html#_Toc405839475
Taucher-Untersuchung: http://www.multi.fi/estonia/estorap.html#_Toc405839477
Gruß, Volker
Volker Landwehr
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Re: Estonia

Beitrag von Volker Landwehr »

fritzeflink hat geschrieben: Di 16. Jul 2019, 16:59 Ja, wirklich empfehlenswert ! Auch das Interview mit Henning Witte bei youtube....
Wenn man Fan von Verschwörungstheorien ist und sie glaubt.....
Henning Witte: https://www.psiram.com/de/index.php/Henning_Witte
Gruß, Volker
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