Guten Abend!
@ Fischländer:
Hallo Moritz!
Zunächst herzlichen Dank für die Auflösung des "Bilderrätsels", indem Du den Aufnahmeort der Kapitänsgruppe von 1929 in der Nähe des Warnemünder "Hotel Reichshof" vorm. "Hosmanns Hotel"
(heute Hotel "Am alten Strom") herausfinden konntest. Danke auch für die PN.
Ich kann Dir Deine Frage, warum ein Kapitän aus Wischhafen Mitglied der Rostocker Schiffergesellschaft wurde, noch nicht abschließend beantworten. Man muss sich seine Biografie genauer anschauen: Ich denke, dass Richters bereits 1929 kein "Wischhafener" mehr war. Am 7. April 1909 verließ der 15 Jahre alte Johannes die Schule in Wischhafen mit einem hervorragendes Entlassungszeugnis. Schon 10 Jahre später - dazwischen lag seine Matrosenzeit und der ganze erste Weltkrieg - bestand Johannes Richters am 8. Mai 1919 vor der Königlich Preußischen Prüfungskommission für Seeschiffer in Altona die Prüfung zum Schiffer auf Großer Fahrt sowie die Prüfung in der Schiffs-Dampfmaschinenkunde. Da war er ein junger Mann von 25 Jahren. Es wird deutlich, welche dynamischen Veränderungen jene Jahre zwischen 1910 und 1920 für die Seefahrt hervorbrachten. Auf den Viermastbarken "HERBERT" und "EDMUND" mit Reisen rund um Kap Hoorn bis nach Chile erlernte Johannes Richters den Seemannsberuf von der Pike auf. Die Schiffe gehörten der Hamburger Segelschiffreederei G. J. H. Siemers & Co. Überliefert ist auch Richters´ Matrosenzeit auf dem Dampfer "Rio Negro" der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft. Auf eigenen Wunsch hatte er den Dampfer am 23. Juni 1914 nach einigen Monaten Fahrtzeit wieder verlassen. Vier Wochen später, am 28. Juli 1914 begann der erste Weltkrieg.
Am 3. Juni 1959 würdigte die Handelskammer Hamburg den Kapitän und Inspektor Johannes Richters für seine vierzigjährige Tätigkeit als Mitarbeiter der Hamburger Reederei H. M. Gehrckens und "der damit bewiesenen Pflichterfüllung im Dienste der deutschen Wirtschaft", wie es in der Ehrenurkunde hieß. Schließlich kamen mehr als fünfzig Jahre zusammen, die Johannes Richters für H. M. Gehrckens tätig war.
Als das Warnemünder Foto im März 1929 entstand, war Johs. Richters bereits Kapitän des Frachtdampfers "STOCKHOLM" (RGTF/DHWN, 607 BRT, 1.730 tdw, LBT 55,00 m x 8,10 m x 4,13 m/4,37 m, 1 Verbunddampfmaschine mit 460 PSi, Baujahr 1885) der Hamburger Reederei H. M. Gehrckens. Johannes Richters wurde also 1928 von H. M. Gehrckens mit der Schiffsführung des Dampfers "Stockholm" betraut. Er war 35 Jahre alt. Hierzu gibt ein Schreiben von H. M. Gehrckens Hamburg an das Seemannsamt Hamburg Auskunft. Datum vom 5.10.1928. Wortlaut: "Der Inhaber dieses, Herr Johannes Richters, ist mit dem heutigen Tage von mir als Führer (Kapitän) meines Dampfers "Stockholm" ernannt. Alle Obliegenheiten, die mit der An- und Abmusterung zu tun haben, hat derselbe als Zeichnungsberechtigter des Dampfers zu erledigen. H. M. Gehrckens".
Um auf die Schiffergesellschaft zurück zu kommen. Ich vermute folgendes: Wie Du ja bisher herausfinden konntest (vgl. Dein Zitat "Und am Bug der Greif"; Ein Beitrag zur Geschichte der Rostocker Schiffahrt von Peter Gerds, Wolf-Dietrich Gehrke, Hinstorff Verlag Rostock 1977), sind für Rostock u.a. die Riga-, die Bergen-, die Schonen- und die Stockholmfahrer verbürgt, die sich später in der Rostocker Schiffergesellschaft zusammenschlossen. Da Richters mit seiner "STOCKHOLM", die er im Jahr 1928 übernommen hatte, Ostseefahrer geworden war, scheint es naheliegend, dass er bei den Rostockern eintrat. Man kann vermuten, dass das alte Foto vor dem Hotel "Reichshof", heute "Am alten Strom", eine illustre Ostseefahrer-Versammlung darstellt.
Dein Hinweis auf den starken Eiswinter 1928/1929 kann eine mögliche Erklärung für das Wort "Eiszeit" über dem alten Foto sein, Mich hatte der Begriff eher an die "Bremer Eiswette" erinnert. Es geht um die Wette, ob die Weser „geiht oder steiht“. Und ich vermute, dass die Rostocker ein ähnliches Ritual hatten, denn das Ende des Winters an der Ostsee bedeutete, dass die Segelschiffe wieder ihr Geld verdienen konnten, ähnlich wie die erste Frühlingsausfahrt auch aus Marstal beschrieben wird.
Eine vergleichbare Hamburger Schiffergesellschaft, die Ostseefahrer aufnahm, ist mir nicht bekannt. Also könnte das Fahrtgebiet (und natürlich die vielen Kapitänskollegen, die im gleichen Fahrtgebiet unterwegs waren) der Grund gewesen sein, warum Richters bei den Rostockern aufgenommen wurde bzw. dort eintrat. Aber das versuche ich noch zu klären, geht es mir doch hauptsächlich um die Schiffergesellschaften.
Da ich auch an das Rostocker Stadtarchiv und das Warnemünder Heimatmuseum geschrieben habe, warte ich von dort noch auf eine Antwort. Still working, coming back soon.
mfg Peter Hartung