Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Fritz
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von Fritz »

KaiR hat geschrieben: Mo 7. Aug 2017, 23:29 Wer weniger zahlt, bekommt logischerweise weniger zurück. Aber man bekommt nie mehr zurück, als man zahlt, ob reich oder arm. Ich sehe da jetzt keine Ungerechtigkeit, außer das arme Menschen natürlich kein Geld für Schiffsbeteiligungen haben.
Es wird ja nun eine politische Diskussion im Schiffsforum und ich schreibe den letzten Beitrag zu diesem Thema.
Am Beispiel der Handwerkerrechnung will ich versuchen zu erklären was ich da ungerecht finde.
Der "Staat" hat die steuerliche Absetzbarkeit des Arbeitslohnes einer Handwerkerrechnung für Arbeiten am selbstgenutzen Einfamilienhaus mal eingeführt um die Motivation für Schwarzarbeit in diesem Bereich einzuschränken.
Man könnte auch sagen, man wollte den Selbständigen helfen Geld zu verdienen.
Das Gesetzt mag man nun ja für gut oder auch nicht gut halten. Was mir nun gar nicht einleuchtet ist die Tatsache, das bei z.B. einem absetzbaren Handwerker-Arbeitslohn von 1000 Euro der eine Bürger z.B. 350 Euro erstattet bekommt, der andere aber nichts. Man hätte auch sagen können, jeder der diese 1000 Euro nachweist bekommt z.B. 200 Euro erstattet. Die steuerliche Absetzbarkeit führt hier (und fast immer) zu einer Ungleichbehandlung.

Gruß

Fritz
weserwolf
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von weserwolf »

Fritz hat geschrieben: So 6. Aug 2017, 21:38
Globus hat geschrieben: Sa 5. Aug 2017, 13:55 So etwas gab es schon häufiger !

In der Geltinger Bucht (deutsche Ostsee) lagen einmal viele, viele Supertanker. Obwohl kein Öl gebraucht wurde, wurden immer mehr Tanker gebaut.
Und fuhren direkt dorthin. Direkt von der Bauwerft.

Schiffbau ist wie die Vorhersagen von Aktien. Keiner weiß Bescheid. Sind aber alles Experten.

Globus.
Ich erinnere mich recht gut, bin mir aber nicht mehr sicher ob der damalige Bauboom nicht auch mit steuerlichen Abschreibungen -also Subventionen für die Werften und die Gutverdiener- zusammenhing.

Gruß

Fritz
Die damalige Tankerkrise war eine Folge des bei Auftragsvergabe für die Schiffe nicht vorhersehbaren Yom-Kippur-Krieges 1973 (Überfall der Araber/Palästinenser auf Isreal) und des damit verbundenen Lieferboykotts der OPEC-Staaten gegenüber den 'Freunden Israels'. Ferner der jahrelangen Blockade des Suezkanals, die Tankerfahrten um das Kap erforderlich machten. Hierfür wurde erheblich mehr Schiffsraum benötigt als für die kürzeren Fahrten durch den Kanal.

Die Blockade des Kanals nach dem 6-Tage-Krieg 1967 hat auch hier in Deutschland zu einer erheblichen Ölverknappung geführt. Ich (seinerzeit im Minerlölgroßhandel tätig) kann mich noch gut an die Zeit der sogenannten'freiwilligen Selbstbeschränkung' erinnern, mit der sich die Mineralölwirtschaft zu einer Begrenzung des Warenangebots verpflichtete. Zwar war das Preisniveau - gemessen an dem heutigen - sehr niedrig, und doch konnte man für den Sprit (Diesel für Spediteure und Bauunternehmen, Heizöl für Großverbraucher wie z. B. Schulen) nahezu jeden Preis fordern. Nach Beendigung der Knappheit sind die Händler, die zu gierig waren, dann aber auch wegen Kundenverlusts größtenteils pleite gegangen.

Ich bin zwar kein Reeder, aber ich muß die Herrschaften an dieser Stelle doch mal in Schutz nehmen. Zwischen Auftragsvergabe und Lieferung des fertigen Schiffes liegt eine lange Zeit; die Kriege und insbesondere der Lieferboykott hingegen kamen sehr plötzlich und waren auch nicht unbedingt vorhersehbar.

Gruß
Anders
Auf die Deutschen ist Verlass: sie sind dagegen
Globus
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von Globus »

Man glaubte an einen Öl-Boom und wollte
Tanker als Lager nehmen !
Tim S.
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von Tim S. »

Globus hat geschrieben: Mi 9. Aug 2017, 07:22 Man glaubte an einen Öl-Boom und wollte
Tanker als Lager nehmen !
Nein, Weserwolf hat schon recht. Die Tanker waren die Antwort auf die Nahost-Krise. Mit der neuerlichen Änderung der Weltlage waren sie erst einmal überflüssig in dieser Form. Einige sind ja später denn doch noch für längere Zeit in Fahrt gekommen. Aber es gab ja auch Großinvestitionen wie das 500000-Tonnen-Dock bei HDW in Kiel. Das war fertig, als der Boom vorbei war, und es entstand nie mehr ein Schiff der avisierten Größe darin.
Fritz
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von Fritz »

MPG hat geschrieben: Di 8. Aug 2017, 18:43 Das liegt am Grundprinzip der Einkommensteuer.
Das Prinzip besagt: Zu besteuern ist der Bruttolohn abzüglich der Aufwendungen, die der Steuerpflichtige hat, um seine Arbeitsleistung zu erbringen.
Beträge, die man absetzen kann, werden als nicht "von der Steuer" abgezogen, sondern vom Bruttogehalt. Sind alle Abzüge rechnerisch erfolgt, erhält man damit das zu besteuernde Gehalt, auf das dann die zu zahlende Lohnsteuer berechnet wird.

Man kann übrigens auch ungerecht finden, dass einige einen größeren Anteil vom Lohn/Gehalt abgeben müssen als andere. Aber diese Diskussion wollen wir hier besser nicht führen.
Das ist mir natürlich schon klar, dass dies an der Steuerprogression liegt. Diese wird in fast allen Staaten so oder in ähnlicher Form praktiziert.
Die steuerliche Abschreibung wie wir sie kennen ist aber auf der Welt einmalig, zumindest in der detaillierten Ausprägung wie bei uns.

Für mich sind das auch zwei verschiedenen Schuhe.

Progression ist eine Sache.

Sehr pointiert: Dabei kann man es natürlich als Ungerecht empfinden wenn einem bei 5 Millionen Jahreseinkommen nur noch knapp 3 Millionen zum Leben bleiben. Diebstahl oder Enteignung wird manch einer mit Mindestlohn rufen.


Staatliche Förderung bestimmter Dinge kann dabei als steuerliche Abschreibung oder als Zuschuss (Festbetrag) erfolgen.
Die Auswirkungen sind sehr unterschiedlich.

Gruß

Fritz
Michael H.
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von Michael H. »

Ist zwar ein Schifffahrtsforum hier, aber.......

@Fritz und MPG;
Bei den Handwerkerrechnungen ist es aber ein Sonderfall. Es werden grundsätzlich 20% (bis max. 1200 Euro/Jahr) des Arbeitslohnes von der Steueschuld abgezogen und hier eben NICHT vom steuerpflichtigen Einkommen. somit bekommt bei 1000 Euro Arbeitslohn niemand 350 Euro, sonder jeder (es sei denn er zahlt keine Einkommenssteuer) 200 Euro.

Gruß aus OL
Fritz
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von Fritz »

@Michael.H

Danke für die Richtigstellung, war ein schlechtes Beispiel von mir. Fahrt zur Arbeit (km-Pauschale) wäre für mein Anliegen besser gewesen.

Gruß

Fritz
Michael H.
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von Michael H. »

Hallo Fritz,


weiß ich auch erst seit kurzem, seit ich keinen Vermieter mehr habe, der das für mich regelt......

:-)
weserwolf
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Re: Wo liegt denn nun die Wahrheit?

Beitrag von weserwolf »

Globus hat geschrieben: Mi 9. Aug 2017, 07:22 Man glaubte an einen Öl-Boom und wollte
Tanker als Lager nehmen !
@globus:
Du hast wohl die Glocken gehört, jedoch den Turm nicht geortet.

Tatsächlich wurden einige der aufgelegten Tanker auch als Lagerbehälter benutzt:

Infolge des Lieferboykotts hat sich der hiervon betroffene Teil der Welt 'bis in die letzte Milchkanne hinein' mit Öl bevorratet. Zudem war dies die Zeit, in der die Nordsee erstmals Erdöl herausrückte.
In der BRD verlangte die Politik von der Mineralölindustrie eine Mindestbevorratung mit Erdöl für den durchschnittlichen Bedarf für 90 Tage. Die Pflicht zur Vorhaltung einer Mindestmenge, die heute teilweise in den norddeutschen Salzstock-Kavernen gelagert wird, gibt es m. W. noch immer.

Da landseitig nicht genügend Lagerkapazitäten zur Verfügung standen, haben seinerzeit pfiffige Reeder ihre schwimmenden ungenutzten Kapazitäten vorübergehend hierfür verchartert - und sie erst, als sie auch für diesen Zweck nicht mehr benötigt wurden, abbrechen lassen.

Ende der Geschichte-Lektion :)
Gruß
Anders
Auf die Deutschen ist Verlass: sie sind dagegen
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