Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

AnkerM
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von AnkerM »

Moin Mattis, toller Bericht! Ich lese ihn "stillvergnügt" und finde insbesondere Deine "Stimmungsbeschreibungen" sehr treffend beschrieben.

Ich möchte kein Klugschieter sein, erlaube mir aber kleine Anmerkungen zur Kanalpassage. Als die "SWEGARD" Euch in der Weiche Rade überholt hat, kann das an 2 unterschiedlichen Gründen gelegen haben:

1.) Ihr hattet als VG 4-Schiff einen Stopper für ein anderes Schiff, dem die "SWEGARD" als VG 3-Schiff entgegenlaufen durfte, oder

2.) Ihr hattet einen Tiefgang von mehr als 8,5m und wart damit als "Langsamläufer" an eine maximale Kanalgeschwindigkeit von 12 km/h gebunden, während die anderen Schiffe ihre "normale" Kanalfahrt von 15 km/h laufen durften. Dann sprechen sich die Lotsen im Sinne von "Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs" ab und lassen in einer Weiche die "Normalläufer" vorbeifahren.

Die einzige Verkehrsgruppe, die "per se" schon an die Langsamläuferfahrt von 12 km/h gebunden ist, das ist VG 6. Aber auch hier erteilt die Behörde bei berechtigten Gründen (z. B. sehr schlankes Unterwasserschiff) Ausnahmen, so daß in Einzelfällen auch solche Schiffe mit normaler Kanalfahrt laufen dürfen.

Schöne Grüße und "Gute Reise" ;)

Jürgen
Mattis
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von Mattis »

Moin Jürgen,
vielen Dank für deine ausführliche Richtigstellung. Da habe ich wohl etwas nicht mehr richtig erinnert oder falsch verstanden. Ich habe diesen Bericht immer abends an meinem "Arbeitsplatz" auf der Brücke geschrieben. Da waren an diesem Tag wohl zu viele Eindrücke zu verarbeiten... :D
Viel Spass beim Weiterlesen und einen schönen Tag
Mattis
Spatenpauli
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von Spatenpauli »

Hallo Mattis, wie auch schon andere erwähnten, ein sehr schöner Bericht. Auf unserer letzten Reis nach Helsinki hatten wir auch solch einen schönen Sonnenuntergang, nur ohne Wolken. Dann lief noch ein Frachter genau davor, sodaß es ein ganz besonderes Foto wurde. Werde mal schauen ob ich es wiederfinde.
MfG aus Bremen
Mattis
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von Mattis »

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Dienstag, 18.05.10 Der 5.Tag

Wie geplant verlasse ich gegen 04Uhr30 meine Koje. Mit der Aussicht auf ein wunderbares Naturschauspiel fällt es mir nicht schwer, in die Senkrechte zu gelangen.Freundlich und ein wenig überrascht ob der Uhrzeit begrüßt mich der wachhabende 1.Offizier und bietet mir sogleich einen Becher Kaffee an. Ich nehme ihn dankend an, muß den Rest des Kaffees aber kalt trinken, denn plötzlich ist sie da: Unbeschreiblich, feuerrot und genau vor dem Bug hebt sich die Sonne aus dem Meer. Leider ist das Schauspiel nur von kurzer Dauer, denn etwas oberhalb des Horizontes hängt eine dicke Wolkenbank.Dennoch konnte ich ein paar schöne Fotos machen. Sehr zufrieden mit dem Tagesbeginn kehre ich zurück in meine noch warme Koje.

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Im Laufe des Tages reduziert die "Aurora" ihr Tempo auf 17,5 Knoten. Das reicht, um den Convoi nach St.Petersburg am nächsten Morgen zu erreichen." Wegen der Enge des Fahrwassers" -sagt der 2.Offizier- "geht´s nur im Convoi per Einbahnstrassenregelung rein oder raus" Das also ist die Erklärung, warum ein 2stündiger Aufenthalt in St.Petersburg nicht machbar ist.
Im weiteren Tagesverlauf ist endlich mal Zeit, Schlaf nachzuholen, die Seele baumeln zu lassen und das Schiff zu erkunden. Und natürlich Schiffe zu fotografieren. Die Besatzung macht bereits Späße mit mir und sich lustig, weil ich jeden rostigen Eimer, der vorbei treibt, in´s Visier nehme und auf den Chip banne :-) Tage später erzählt mir der Kapitän, dass er ganz froh war, dass ich ein eigenes Notebook mit hatte. Ein Passagier vor einigen Monaten war ähnlich "fotoverrückt", hatte aber nur eine eigene externe Festplatte dabei und benutzte den Bordcomputer zum Transfer. Der Rechner soll dabei ein paar mal "abgekackt" haben...

Viel Spass mit den Fotos und kommt mit auf einen kleinen Rundgang über die "AURORA"

Querverkehr
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Pacific Condor
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Slavianka
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Pantelis
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Avalon
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Und hier ein kleiner Rundgang

Trockenversuch mit Beleuchtung
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Poopdeck
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Leeres Schiff
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Sonnenbank
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Leerer Laderaum
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An Backbord nach vorn
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Von Containern überdacht: Winden am Bug
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Ankerketten
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Wulstbug
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An Steuerbord nach vorn
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Caterpillar-Hilfsdiesel
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Rudermaschine
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Zylinderkopfstation d. Hauptmaschine
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Kurbelgehäuse m. Explosionsklappen
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Ventildeckel mit Abgasführung
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Der "Verfasser" etwas müde an der Drehbank...
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Die "Trophäe" jedes Schiffreisenden
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Heimlicher Blick in die Kombüse
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Messe aus Sicht des Passagiers
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"Kaffeebar" auf der Brücke
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Gästeplatz mit "Spielzeug"
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Wenn nichts mehr geht, geht´s hier hinein...
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wird fortgesetzt
Zuletzt geändert von Mattis am Fr 11. Jun 2010, 17:44, insgesamt 1-mal geändert.
Mattis
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von Mattis »

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Mittwoch, 19.05.10

Auch heute Morgen holt mich mein Wecker schon sehr früh aus tiefem Schlaf. Es ist 04Uhr30 und Zeit, aufzustehen. Ich möchte mir wieder den Sonnenaufgang ansehen. Auf die Morgentoilette verzichte ich, da mir ein Blick aus meinem Fenster andeutet, dass dafür keine Zeit mehr ist. So geht es also ruckzuck in die Klamotten und mit dicken Augen auf die Brücke. Leider bin ich zu spät. Die Sonne steht bereits hoch über dem Horizont. Der 1.Offizier versichert mir aber, dass der Sonnenaufgang noch viel schöner war als gestern, weil keine Wolken den Feuerball verhüllten. Na danke...:-) Ich mache noch ein paar Fotos und verabschiede mich mit den üblichen Worten -"Good watch"- für weitere 2 Stunden in meine Koje.
Um 07Uhr15 ist nach 2maligem "Wegdrücken" des Handys dann endgültig die Nachtruhe beendet. Zähneputzen, rasieren und heiß duschen machen mich umgehend fit für den Tag.
Jetzt noch drei Decks nach unten und dem Frühstück steht nichts mehr im Wege. Freundlich fragt mich der Koch mit knappen Worten: "You like porridge?" Ah, jetzt profitiere ich vom Englisch-Training mit meiner Tochter. Ein paar mal fragte sie mich: "Weißt du eigentlich, was Haferbrei heißt...." :-)
Die Aurora hat erneut die Geschwindigkeit reduziert. Wir nähern uns St.Petersburg und müssen jetzt mit 8 anderen Schiffen, die bereits vor Anker liegen, auf den Convoi in den Hafen warten.Um 08Uhr45 fällt polternd der Anker, kurze Zeit später wird es ruhig auf dem Schiff. Die Hauptmaschine ist abgestellt. Es ist sonnig, leicht dunstig, kaum windig und angenehm warm: Einfach herrlich! Jetzt heißt es warten. Nicht die schlechteste Beschäftigung bei den Bedingungen...
Um ca. 11Uhr kommt Bewegung in die wartenden Schiffe. Die "Werder Bremen", die ein paar Stunden vor uns Hamburg verlassen hat, läuft bereits langsam an uns vorbei Richtung St.Petersburg. Andere Schiffe starten ebenfalls ihre Maschinen. Jetzt muß nur noch der aus St.Petersburg kommende Convoi an uns vorbei, dann kann es los gehen.Von mir fast unbemerkt erscheint der Lotse auf der Brücke. Längst habe ich mein Notebook und mein "Ofenrohr" ( 1,7 Kg schweres 400er Teleobjektiv) von der Brücke gebracht, weil mir der 2.Offizier dazu geraten hatte. Ja ja, die "Autority". Ein wenig Angst haben sie dann doch noch...
Zum ersten mal auf dieser Reise betrachte ich die Eindrücke nicht durch ein Objektiv. Und von den Eindrücken gibt´s viele. Mehr und mehr ärgere ich mich, diese nicht auf Chip bannen zu dürfen.Irgend wann -wir sind längst im Hafen von St.Petersburg angelangt, "riskiere" ich die Fage an den Lotsen, ob ich denn wohl fotografieren dürfte. "Yes of course " war die freundliche Antwort..... Na wartet, auf der Rückfahrt "schieße" ich aus allen Rohren!:-))
Das Anlegen ist für mich wieder einmal ein Meissterstück. Es liegen bereits 2 Feeder am Kai und es ist nur noch eine "kleine" Lücke von geschätzten 100 Metern frei. Die vor uns liegende "Alexander B" liegt bereits fest, die "York" hinter uns ebenfalls und ganz vorn vor der "Alexander B" zwängt sich die mit uns im Convoi gelaufene "Annabella" rückwärts in die "Ecke". Man könnte meinen, es fände ein Sietas-Treffen statt. Einzig die "Alexander B" gehört nicht in den Kreis der 168er-Familie


Mit gefährlicher Fracht in russischen Gewässern. Auch über die Art der Fracht haben Sergej und ich oft gescherzt...
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Fast unheimlich wirkt der Ankerplatz im Dunst
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Langsame Annäherung
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Anker fest
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STEN FJELL
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ELEKTRA
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REGA
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IVORY ACE
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Schiffspflege bei bestem Wetter
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EK-SKY
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Auf die haben wir gewartet: Ausgehender Convoi
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BALTIC SUN
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AVILASTAR
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Fast angekommen. Hafenzufahrt St.Petersburg
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Hafenansicht
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Eisbrecher TOR
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Eisbrecher MOCKBA (Nachtr. Anmerkung: Mockba als Name ist natürlich Quatsch. Mockba ist kyrillisch und heißt MOSKWA! Danke Carsten für den Hinweis!)
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Sehr knapp - unser Liegeplatz
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Absolute Hochkonzentration. Kapitän, Lotse und 1.Offizier, aber wer ist wer ?
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Der Winter hat es ans Licht gebracht: Die JORK war mal Schepers giftgrüne MAGARETHA
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Im nächsten "Update" berichte ich von der "Autority" und nehme euch mit in die Innenstadt von St.Petersburg...
Zuletzt geändert von Mattis am Fr 11. Jun 2010, 18:10, insgesamt 1-mal geändert.
kalli
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von kalli »

Moin Mattis!

Was für ein hervorragender Bericht. Bin wirklich begeistert. Ich finde die Fotos haben eine hervorragende Qualität. Hat sich wirklich gelohnt mit dem "Ofenrohr". Habe auch ein 100-400er; das Gewicht ist ganz schön, aber wenn man die Bilder sieht.... :D
Welche Objektive hattest du noch mit, wenn ich fragen darf?

Gruss
Nils
Mein Youtubekanal Kallis Shipworld: https://www.youtube.com/shipspotter81
steinipeter

Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von steinipeter »

Moin Mattis,
ich habe, nach dem ich Deine Pers. Anmerkung erhalten habe, sofort den Link ausprobiert und bin einfach begeistert.
Deine Bilder sind und bleiben einfach spitze.
Der Bericht liest sich sehr gut und ich bin bereits auf die Fortsetzung sehr gespannt.

Man sieht und hört sich

Steini
Mattis
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von Mattis »

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Kurz nachdem wir festgemacht haben, erscheint die "Autority", repräsentiert durch eine junge Frau im Fleckentarnanzug. Sie soll wohl sicher stellen, dass niemand unkontrolliert das Schiff verläßt. Nicht nur die Phillipinos freuen sich über den Anblick...
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Etwas später fährt ein kleiner Bus vor und setzt einige Uniformierte zur Pass-und Einreisekontrolle ab. Ich habe im eigens für solche "Verwaltungsakte" vorhandenen "Büro" auf dem Hauptdeck zur Gesichtskontrolle zu erscheinen. In diesem Büro sitzen sage und schreibe 1 Mann vom Zoll sowie 2 Frauen und 3 Männer der Polizei. Wenn das nicht Vollbeschäftigung ist.... Ich setze mein freundlichstes aber unverbindliches Lächeln auf, werde beäugt und bekommen sogleich einen Stempel in meinen Reisepass. Jetzt steht dem Landgang nichts mehr im Wege. Der 2.Offizier, der sich bereits nachmittags angeboten hatte, mir St.Petersburg zu zeigen, hat sich "landfein" gemacht und so verlassen wir gegen 19Uhr15 zusammen mit dem Kapitän und dem 2. Chief das Schiff. In Hamburg kaum vorstellbar, laufen wir quer über das Terminal. Um uns rum überall LKW und andere Fahrzeuge. Nix da "shuttlebus"... Ebenfalls bei uns kaum vorstellbar verläuft das "Auschecken" aus dem Terminal: Wir erreichen nach ca. 10 minütigem Fußmarsch ein verfallen wirkendes kleines Gebäude, welches wir zusammen mit einigen anderen Menschen durch eine marode, hölzerne und verglaste Eingangstür betreten und stoppen 2 Meter hinter der Tür an einem aus Kunststoff gefertigten, modernen "Pförtnerhäuschen". Einer darin sitzenden, attraktiven Brünetten legen wir unsere Pässe und den an Bord erhaltenen Passierschein vor. Ohne Worte erhalten wir nach kurzer Musterung unsere Ausweise zurück und dürfen nach Fingerzeig 3 Meter bis zu einer Drehschranke weiter gehen. Der an der Schranke stehende Uniformierte läßt uns nach Gutdünken passieren. Er scheint der Einzige zu sein, der in der Lage ist, Laute von sich zu geben: Als ich offensicht zu schnell meinem Vordermann folge, Pfeift er mich mit den Laute "ok-ok" zurück. Dieses Hindernis bewältigt, hat der russische Staatsapparat eine letzte Instanz bereit: Hinter dem Drehkreuz, kurz vor dem Ausgang aus dem Gebäude wartet ein letzter Beamter mit überdimensionalem "Schallplattenschmuggler" auf dem Kopf in einem wohl noch nicht modernisierten Verschlag auf uns.Ohne weitere Anstalten seitens der Organe nehmen wir auch diese Hürde und verlassen das Gebäude. Russland, wir kommen! Kommentar des Kapitäns: "They are so stupit- that russians"
Hinter dem Gebäude liegt ein Bretterweg, der uns auf einer Brücke parallel zu einer Eisenbahnstrecke über einen Fluß führt. Wegen der überall angebrachten Kameras wage ich es nicht, meine Canon auszupacken. Hier wäre eine simple Pocketkamera von Nutzen gewesen. Gleiches gilt für die nächste Etappe auf unserem Weg in die Stadt: Die Crew kennt eine Abkürzung durch ein paar Straßen, die ich niemals alleine betreten hätte. Ist der Eindruck bisher ärmlich und schmuddelig, durchlaufen wir jetzt eine Straße, die eher einem Schlaglochpiste in Afrika ähnelt. Überall Bruch und Dreck. Straßenköter, wo man hinsieht. Auf unserem Rückweg stelle ich erstaunt fest, dass es unter den Hunden hier offensichtlich verschiedene Rudel gibt, die sich das Revier aufgeteilt haben: 5 Hunde schickten sich an, uns laut bellend Ärger zu machen. Plötzlich erschien 3 weitere Hunde, die ebenfalls anfingen, zu bellen und -dumdidum- drehten die 5 im Gänsemarsch ab. Unsere 3 "Retter" interessierten sich im Übrigen nicht weiter für uns. Glück gehabt!
Am Ende dieser fragwürdigen Gegend begann das Leben. Wir betraten eine Wechselstube und brachten uns in den Besitz russischen Geldes. 37,10 Rubel für einen Euro.
Gleich an der Ecke der Wechselstube dann das erste Fotomotiv: Das mir auch nach dem Googeln nicht bekannte "grüne Tor " mit einer Quadriga oben drauf - ähnlich dem Brandenburger Tor in Berlin.
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Schnell ein paar Fotos und weiter zum nahe gelegenen Eingang zur Metro. Schon jetzt -und im weiteren Verlauf unseres Stadtrundganges erst recht- kam ich mir vor wie ein Japaner: Europa in 5 Tagen....
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Das Betreten der Metrostation hatte sofort einen WHOW-Effekt zur Folge. Uns empfing eine große Eingangshalle , die reich mit Verzierungen, die an die Sowjetzeit erinnerten, versehen war.
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Sergej kaufte Münzen, mit denen man ein Drehkreuz dazu veranlassen konnte, den Weg zu den Zügen frei zu geben.
Es folgte sogleich eine Rolltreppenanlage, die uns wohl gut 80 Meter in die Erde brachten.
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Unten angekommen, bahnten wir uns einen Weg durch die Menschenmassen quer durch eine Halle zum Bahnsteig.
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Der etwas altertümlich wirkende Zug brachte uns mit atemberaubender Geschwindigkeit in die Innenstadt.
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Nach einmaligem Umsteigen erreichten wir die Station "Newskij Prospekt". Jetzt begann der Rundgang durch die Stadt, die Sergej zusammen mit dem 3.Offizier ausgearbeitet hatte.
Die Metrostation verlassend lag der Newskij Prospekt, St.Petersburgs Shoppingmeile schlechthin, vor unseren Füßen.
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Gleich um die Ecke der Gribojedow-Kanal, an dessen Ende die duch ihre Mosaiktürme beeindruckende Auferstehungskirche steht.
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Zurück auf den Newskij Prospekt "flanieren" wir in zügigem Tempo hinunter bis zu einer großen Kreuzung, an der wir rechts abbiegend direkt auf den Schloßplatz gelangen.Zur rechten befindet sich das im weiten Bogen errichtete, riesige Generalstabsgebäude,
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zur linken das schmucke, in grün-weiß gehaltene und ebenfalls nicht eben kleine Winterpalais.
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Dazwischen die Alexandersäule. Den Platz verlassend erreichen wir kurze Zeit später die Newa, einen Fluß, der sich durch St.Petersburg zieht. Spontan denke ich an unsere Alster in Hamburg.
Die Peter und Paul Kathedrale
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Wir verlassen das Ufer der Newa und biegen ab zur Isaakskathedrale. Auf den Rasenflächen davor herrscht pure Lebensfreude. Es ist mittler weile kurz vor 20Uhr "boardtime" (MESZ), d.h. 22Uhr Ortszeit und immer noch um die 20 Grad warm.
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Sergej deutet an, dass wir jetzt alles gesehen haben, was auf seinem Zettel steht. Nun müsse er noch ein paar Einkäufe tätigen, ausserdem müßte ich ja auch noch was mit nach Hause bringen....Da ich ihm erkläre, dass ich an Souveniers kein Interesse habe, beschließt er, dass ich russische Candys kaufen soll. Wenig später betreten wir einen "Supermarkt", einen der zahlreich vorhandenen kleinen kleinen Kellerläden, die bei uns wohl Nachbarshop oder Tante-Emma-Laden heißen würden.
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Mit Engelsgeduld läßt Sergej eine Sorte nach der anderen in jeweils eine Tüte packen. Das dauert und der kleine Laden füllt sich: Eine Frau betritt den Kellerladen und annimiert ihren viel zu fetten Langhaardackel, ihr zu folgen. Nach einigem Zögern nimmt dieser die drei Stufen nach unten und beginnt sofort, die Wursttheke anzuhimmeln. Wenig später betreten 2 Polizisten mit den bereits bekannten "Schallplattenschmugglern" den Laden und beginnen, als sie merken, dass es etwas dauern wird, mit ihren Handys zu spielen.Ein weiterer Kunde hat auf der Hacke kehrt gemacht und den Laden verlassen. Der durchhängende Dackel ist mittler weile hinter dem Tresen in die hinteren Räume abgedampft,worauf Frauchen aufgeregt beginnt, ihn zur Rückkehr zu bewegen....und Sergej sucht "Candys" aus.... Letztendlich zahle ich einen Packen Rubelscheine und der Einkauf ist beendet. Nachdem die Polizei aufgehört hat, zu spielen und der Dackel aus dem Laden getragen ist, ordert Sergej schnell noch 4 Flaschen Vodka (die waren billiger als meine "Candys" :-) ) und wir können endlich den Laden verlassen. Draussen nötigt mich Sergej, ihm meine Tüte zum Tragen zu überlassen. Meine Gegenwehr ist nur von kurzem Erfolg. Er besteht darauf.... "You take pictures and i carry candys..."
Der Rest des "Abenteuers St.Petersburg" ist schnell erzählt: Zurück zur Metro über den Newskij Prospekt, der immer noch stark belebt ist,
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rasen wir mit dem Zug zurück Richtung Hafen,
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laufen gefühlte 6 Kilometer durch die jetzt auch in bezug auf das Licht dunkle Gegend bis wir am Kontrollhaus ankommen. Warum Sergej mir jetzt die Plastiktüte aufs Auge drückt und dafür meine Fototasche umhängt, bleibt mir verborgen... Die Kontrollstation nehmen wir jedenfalls ohne Probleme. Zurück an Bord habe ich nur noch einen Wunsch: Ein kaltes Fuß- und ein heißes Duschbad! Besiegelt wird das ganze mit einer Dose Löwenbräu aus dem Kellershop. Ein anstrengender aber unheimlich schöner Tag geht zuende.
Danke Sergej!

Und damit in diesem Bericht auch noch ein Schiff zu sehen ist, sei erwähnt, dass die Aurora in der Nacht frischen Kraftstoff gebunkert hat...
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wird fortgesetzt
Zuletzt geändert von Mattis am Fr 18. Jun 2010, 18:38, insgesamt 1-mal geändert.
Mattis
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von Mattis »

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Donnerstag, 20.05.10

Der Tag beginnt eigentlich recht unspektakulär. Allerdings werden wir heute früh St.Petersburg wieder verlassen und dieses mal werde ich auf das Fotografieren nicht verzichten! Nach dem Frühstück geht´s natürlich auf die Brücke.Zu dieser Zeit haben wir bereits annähernd 20 Grad, strahlenden Sonnenschein,fast Windstille aber auch ein wenig diesige Sicht. Auf der Brücke ist niemand anwesend, dafür sehe ich aber, wie gerade die "Autority" an Bord geht. Das bedeutet Aufbruch. Die Entladetätigkeiten sind längst beendet. Das Schiff ist annähernd leer.
Plötzlich kommt wieder Bewegung in die Mannschaft. Ein sicheres Zeichen für das bevorstehende Ablegen ist in Form von leichten Vibrationen und an der schwarzen Wolke, die aus dem Schornstein dringt, zu erkennen.
Ein sicheres "Zeichen, dass es wieder los geht
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Die Dame in Uniform wird sich freuen! Tippelt sie doch seit etwa einer halben Stunde vor dem Schiff auf und ab....Ihre letzte Amtshandlung besteht darin, den ebenfalls uniformierten Lotsen, der sich anschickt, die Aurora zu erklimmen, zu kontrollieren. Ordnung muß halt sein!
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Das Ablegen geschiet einmal mehr routiniert und problemlos. Die Passage durch den engen Hafen und die ca. 2-stündige Revierfahrt erfordern höchste Konzentration von Kapitän und Lotse. Aus gutem Grund herrscht hier -bis auf wenige Ausnahmen- eine Einbahn-Regelung.Dennoch beginnt der Lotse ein angeregtes Gespräch mit mir. Ich bin erstaunt, wie gut die Verständigung mittler weile klappt... Übrigens gibt es nicht ein einziges Wort darüber, dass ich die ganze Zeit auf den Auslöser drücke, auch nicht, als wir die Marineanlagen von Kronstadt passieren und der zumindest hier eher traurige Zustand der russischen Flotte sichtbar wird...
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"Leningrad" Das abzubauen war noch keine "Zeit"
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Enges Fahrwasser...Richtung Kronstadt
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Schnellfähre. Da gab es einige, die mit einem "Affenzahn" das Fahrwasser kreuzten
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"Entgegenkommer" nur als Ausnahme
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Kronstadt liegt vor uns http://de.wikipedia.org/wiki/Kronstadt_(Russland)
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Als wir das im Bau befindliche, riesige Sperrwerk vor Kronstadt passieren, ist deutlich zu merken, wie bei Kapitän und Lotse die Anspannung abfällt: Man macht wieder Späße :-)
Nachdem der Lotse 11Uhr09 (St.Petersburg-Zeit 13Uhr09) von Bord geht,
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passieren wir die vor Anker liegenden Schiffe, die auf den nächsten Convoi warten. Wir laufen ungewöhnlich nah an den Schiffen vorbei. Etwas später grinst mich der Kapitän mit den Worten "was it close enough? " an. ;) Yes it was! :mrgreen:
BEWA (falls das nicht auch kyrillisch ist :-))
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FINNSTRAUM
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FLEX EMDEN
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Noch mal STEN FJELL
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Die einen gehen, die anderen kommen: ATAIR J
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Schade eigentlich: Das war´s.
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Good bye Russia
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...und immer wieder Tanker...
"162"
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SAMRAA-ALKHALEEJ
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KAREN KNUTSEN
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MAERSK BEAUFORT
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...und natürlich Fähren
TRANSEUROPA
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SUPERFAST VIII
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EUROPALINK
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Nach dem Mittag (Klare Gemüsesuppe und mit Hack gefüllte Paprikaschote) greife ich mir wieder mein Notebook nebst Kopfhörer und beziehe "meinen" Platz auf der Brücke, der aus einer gepolsterten 2er-Sitzbank und einem kleinem Tisch direkt an der Fensterfront besteht. Eine Steckdose ist ebenso vorhanden wie eine kleine Leselampe, Scheibenwischer, die ich bisher Gott sei Dank nicht brauchte und natürlich Ausströmer der Klimanlage. Schnell noch einen Kaffee geholt, die Kopfhörer in´s Notebook gestöpselt und los geht´s mit dem Schreiben. Albatros von Fleetwood Mac läßt mich inne halten und mit den Gedanken abschweifen. Wenn ich jetzt nicht aufpasse, kriege ich Pipi in die Augen...
Ich kann nur jedem, der so eine Reise unternimmt, raten, ein Notebook mitzunehmen. Es soll in Helsinki sogar eine Möglichkeit geben, in´s Internet zu kommen. Übrigens erreicht mich kurz hinter Kronstadt noch eine SMS von Cornelia, die gerade in Kiel angekommen ist und um 18Uhr an Bord der Lappland gehen will.
Gute Reise, Cornelia!

Ich bitte um Nachsicht für die teilweise etwas schlechtere Qualität der Fotos. Weite Entfernungen und diesige Luft, teilweise auch Gegenlicht sorgen (fast) immer für nicht so ganz zufriedenstellende Ergebnisse...


... wird fortgesetzt
Zuletzt geändert von Mattis am Mi 16. Jun 2010, 18:33, insgesamt 1-mal geändert.
frank0265
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Re: Reisebericht: 12 Tage mit MS AURORA unterwegs

Beitrag von frank0265 »

Das muss ja wirklich eine Traumreise gewesen sein mit der AURORA. Für mich ist auch sehr interessant die Sache mit dem Sperrwerk vor Kronstadt. Als ich 2002 und 2003 ebenfalls in St.Petersburg war, da gab es diese Anlage noch gar nicht.
Deutsche Gesellschaft für Schifffahrts-und Marinegeschichte e.V. ; FB Handelsschifffahrt
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