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Fr. 29.05.14
Nach einer längeren Vorbereitungszeit mit extrem vielem Papierkram, bei welchem ich mir eher vorkam wie ein Störenfried denn ein Kunde der der Reederei Einnahmen bringt, ging es am Abend nun endlich los, mit einem Flug mit Air Malta von Zürich nach Luuga. Aus dem Sollabflug von 17.40 Uhr wurde es aber trotz planmässigem Boardings nichts, infolge Überlastung des Luftraumes war unser Slot verschoben worden, was eine halbe Stunde Wartezeit im vollbesetzten Flugzeug mit einigen quengelnden Kindern an Bord bedeutete, nicht grade ein angenehmer Ferienstart.
Nach dem Start und schon längst über den Schweizer Alpen wurde mit dem begonnen, was bei Air Malta wohl Service heisst. Jeder Fluggast bekam eine Flasche Wasser und ein kleines Käsebrötchen in die Hände gedrückt, von der von andern Airlines bekannten Auswahl an Getränken war hier nichts zu wollen. Später wurde nochmals ein Trolley durch den Gang geschoben, von welchem man andere Getränke und kleine Snacks haben konnte, aber natürlich nur gegen Cash. Auch die Flugbegleiter schienen irgendwie einen miesen Tag zu haben, ein Lächeln oder etwas Charme? Fehlanzeige, die wünschten sich wohl sehnlichst den Feierabend herbei. Auch das Flugzeug schien einen Feierabend nötig zu haben, es wirkte schmutzig, an der Rückenlehne des Vordersitzes undefinierbare Schmutzspuren von Essen oder auch unangenehmeren Dingen, und die sahen nicht so aus als stammen sie erst von heute. Kurz und gut, Air Malta hat sicher in vielen Belangen noch Verbesserungsmöglichkeiten.
Nach 2 Stunden dann im letzte Tageslicht die Landung auf Malta, das Flugzeug rollte aber nicht auf die Stellplätze vor dem Flughafengebäude sondern daran vorbei und parkte direkt vor einem Hangar, von wo wir mit Bussen zum Hauptgebäude gefahren wurden. Die Kofferausgabe ging flott vonstatten, am recht engen Ausgang stauten sich die Leute, wie das wohl erst ist wenn eine vollbesetzte A330 oder grösser wesentlich mehr Leute nach Luuga bringt?
Der vorbestellte Taxifahrer wartete bereits, Abholservice wie für einen VIP, mal was Neues. Mit einem Kleinbus mit sicher 20 Plätzen wurde ich als einziger Fahrgast direkt zum Hotel in Birzebbuga gefahren, direkt gegenüber dem Hafen. Die Reception im Hotel war unbesetzt, nach einiger Zeit kam ein alter, fast zahnloser Mann angeschlurft, der mich erst nicht verstand, erst nach dem Vorlegen der Hotelreservation verstand er mein Anliegen, erledigte die wenigen Formalitäten und hielt mir eine Plastikkarte mit der Zimmernummer hin. Dann deutete er zum Fahrstuhl, das wars an Kommunikation, unter einem Gästeempfang stelle ich mir leicht was andres vor.
Das Zimmer erwies sich wider Erwarten als recht komfortabel, und vor allem mit einem Balkon ausgestattet der den direkten Blick zum Hafen ermöglichte. So konnte ich gleich einige Nachtbilder machen, und noch einige Zeit das Panorama an Licht und Wasser geniessen.

Sa 30.05.15
Diesen Tag verbrachte ich in Birzebbuga, am Vormittag mit einem ausgedehnten Spaziergang entlang der Marsaxlokk Bay, die Häuser erinnern in ihrer Bauart teilweise recht stark an den Baustil im Magreb. Man sieht dass es auf Malta seit jeher an Wasser mangelt, die ganze Insel wirkt bräunlich, grün ist Mangelware. Auch die an verschiedenen Orten gepflanzten Palmen machen einen recht kümmerlichen Eindruck. Dafür hatte das Meerwasser einen noch nie gesehenen hellblauen Farbton, und wirkt recht klar, auch Unrat sieht man sehr wenig im Wasser, dafür immer wieder Schwärme kleiner Fische.
Den Nachmittag verbrachte ich teilweise am Stand und im Hotel, wo ich mir eine Siesta erlaubte. Nach einem etwas undefinierbaren Abendessen, das Fleisch hätte ein Kotelett sein sollen, war aber so dünn und zart dass ich mir nicht so sicher war ob das wirklich vom Schwein stammte und einem letzten kleinen Einkauf an Knabberzeugs galt mein Interesse beim Eindunklen wieder dem Schiffsverkehr. Malta Freeport scheint vor allem ein wichtiger Umschlagsplatz für Container aus dem Mittelmeerraum nach Übersee zu sein, viele Feeder sind zu sehen, die vor allem kleinere Häfen an der Nordafrikanischen Küste anlaufen.
Gegen 21.30 Uhr war es dann soweit, ich konnte das Einlaufen "meines" Schiffes, der CMA CGM Maupassant beobachten, sie wurde direkt gegenüber dem Hotel mit drei Schleppern gewendet und rückwärts zum Liegeplatz verbracht.

So 31.05.15
Da ich schon vor dem Abflug Order bekommen hatte, mich um ca acht Uhr am Morgen auf dem Schiff einzufinden, hiess es zeitig aufstehen. Rasch das Frühstück eingenommen und den Koffer fertig gepackt, wollte ich auschecken. Wiederum war nur der alte Mann anwesend, ich legte ihm die Zimmerkarte hin. Er sah mich nur verständnislos an, ich sagte dass ich gehen müsse, er sagte nur okay, das wars, keine Rechung, keine Unterschrift, kein auf Wiedersehen.
Dank der ausgezeichneten Wegbeschreibung des Reisebüros für den Weg zum Terminal wusste ich, dass ich kein Taxi brauchen würde, in zehn Minuten war ich vom Hotel am Gate.
Auf der Crewliste, die am Gate vorlag, war mein Zusteigen nicht vermerkt, erst ein Anruf beim Agenten der Reederei brachte Klarheit, dass ich tatsächlich berechtigt war, an Bord zu gehen. Mit einem Terminalbus voller Hafenmitarbeiter, es war eben Schichtwechsel, gelang ich schliesslich zum Liegeplatz der CMA CGM Maupassant. Am Geländer der Gangway holte ich mir die ersten schmutzigen Hände, da sollte man sich wirklich nur mit Handschuhen festhalten. Auf dem letzten Drittel kam mir dann der Seemann, der an der Gangway Wache hatte entgegen und nahm mir den Koffer ab. Nach einigen Formalitäten, auch er war offenbar über mein Zusteigen nicht informiert, und einer Kontrolle mit einem Detektor, was er suchte ist mir schleierhaft, denn mein Laptop und das Fotoequipement ergaben sicher jede Menge Anzeigen, wurde ich zum Chiefmate im Office verweisen.
Ein kurzes Willkommen und sogleich wurde ein Mitarbeiter angewiesen, mich auf meine Kammer zu bringen.
Diese Kammer erwies sich als zweckmässig und gemütlich eingerichtet, mit einem breiten Bett, genügend Stauraum, zwei Fenster, eines nach hinten, eines zur Seite. Auch ein Kühlschrank ist vorhanden, wo bereits einige Dosen Cola und Eistee kühlgestellt waren, bei den herrschenden warmen Temperaturen eine willkommene Erfrischung. Auf dem Bett waren aus Frottiertüchern ein Schwan und ein Elefant geformt, so wurde ich auf einem Frachtschiff noch nie willkommen geheissen, eine nette Geste.

Nach dem Auspacken und Einrichten vertiefte ich mich erstmal in das aufliegende Passenger Booklet, um mich mit den Vorschriften und Gepflogenheiten an Bord vertraut zu machen. Rasch ein paar erste Fotos von der Kabine und den Schiffen im Hafenbecken gemacht, dann wollte ich mich dem Kapitän in seinem Arbeitsraum vorstellen. Auf dem Gang kam mir ein älterer Herr mit grauen Haaren, Nickelbrille, Shirt, Jeans und barfuss in Sandaletten entgegen und sah mich fragen an. Ich stellte mich als Passagier vor, worauf er sich lachend als der Kapitän zu erkennen gab. Er entschuldigte sich für seinen Auftritt, er trage nicht gerne die Uniform, ihm sei es in diesen Kleidern wohler. Dies verstand ich natürlich aus eigenem früheren Erleben nur zu gut. Rasch war das Wichtigste geklärt und er musste wieder an seinen Schreibtisch zurück.
Etwas später traf ich ihn wieder auf der wasserseitigen Aussennock, von wo er ein Rettungsbootmanöver seiner Crew beobachtete und Anweisungen gab. Dass es erst beim dritten Anlauf gelang, das Rettungsboot wieder an den Drahtseilen zu befestigen, erfreute ihn nicht eben. Er äusserte seinen Missmut über die viel zu wenigen Trainings die er durchführen könne. Da nach einem früheren Unfall die Reederei verboten hat, Rettungsboote mitsamt der Crew an Bord zu holen, musste für dieses Manöver extra ein Boot bestellt und bezahlt werden, welches die Crew von der Lotsentreppe zum Rettungsboot und nach dem Manöver wieder zurück brachte, und zudem während der gesamten Dauer des Bootmanövers auf stand by bereit war.
Nach dem schmackhaften Mittagessen und einer Safety Instruktion, bei welcher mir im Eilzugstempo der Gebrauch der Schwimmweste und des Überlebensanzuges demonstriert wurde und dem raschen Runterlesen einer Checkliste mit Fragen und einer Unterschrift auf dem Fragebogen war auch dies innert Minuten erledigt. Von dem vom zuständigen Offizier selber fertig ausgefüllte Fragebogen erhielt ich am Folgetag noch eine Kopie. Das wars zum Thema Safety.
Gegen 15 Uhr waren die Ladearbeiten beendet, aber da grade ein anderes grosses Schiff ablegte und zwei Feeder an seinen Liegeplatz einliefen, war grade kein Lotse frei, erst nachdem die beiden Feeder fest waren kamen die Lotsen und Schlepper zu uns, gegen 16 Uhr hiess es schliesslich Leinen los, wiederum mit drei Schleppern wurden wir vom Liegeplatz weggezogen und dann um 180 Grad zum Auslaufen gewendet. An den schroffen Felsen der Marsaxlokk Bay vorbei ging es raus in Mittelmeer, nach dem Verlassen des Hafens nochmals ein Wendekreis von 180 Grad und los geht die Fahrt gegen Westen. Langsam entschwanden die Felsen Maltas und Gozos am Horizont. Da wir erst am frühen Mittwoch Morgen in Tanger sein müssen, war das Tempo mit rund 16 Knoten recht gemächlich, im Schiff spürt man kaum eine Bewegung, wozu natürlich auch die völlig ruhige See beitrug. Ein erster Rundgang auf dem Laufgang aussen dem Schiff entlang rundete diesen Tag ab.
Vom vielen treppauf und treppab, dem langen Stehen auf der Nock bei strahlendem Sonnenschein und den vielen neuen Eindrücken war ich müde, sodass ich mich gegen 21 Uhr bereits hinlegte und auch schnell einschlief.
Mo 01.06.15
Tierische Überraschungen, so könnte man diesen Tag übertiteln.
Die erste Überraschung erlebte ich am Morgen, die Borduhr zeigte 7.45, mein Natel 6.45 Uhr, und das Frühstück war vom 7- 8 Uhr angesagt. Offenbar wurde in der Nacht die Zeit um eine Stunde geändert, ohne dass ich es mitbekam. Rasch in die Kleider und hinunter in den Speiseraum der Offiziere, wo ich am Tisch der Schiffsführung meinen Platz habe. Wie schon am Vortag beim Abendessen war kaum wer am Tisch, offenbar nimmt man es mit den Essenszeiten hier recht flexibel. Ich verzichtete auf das angebotene Cornedbeef und begnügte mich mit zwei Scheiben Toastbrot, ein Frühstück mit Butter und Konfitüre scheint man hier an Bord nicht zu kennen. Umgekehrt mag ich zum Frühstück nicht schon warme Speisen, ein heisser Kaffee reicht mir völlig.
Nach einer ausgiebigen Dusche und einem Besuch auf der Brücke, zu welcher ich jederzeit freien Zugang habe, und einem längeren Aufenthalt auf der sonnigen Aussennock war der Vormittag schnell vorüber.
Um ca 9 Uhr liess ein Pan Pan Ruf eines Schiffes alle auf der Brücke aufhorchen, ein Frachtschiff meldete einen Seemann als vermisst, der zuletzt um 2 Uhr in der Nacht an Bord gesehen wurde. Es wurde vermutet, dass der Mann in der Nacht über Bord gefallen ist. Ein Blick in die Seekarte zeigte unserem Wachhabenden, dass unsere Position zu weit entfernt war, als dass diese Meldung für uns Relevanz gehabt hätte. Trotzdem machte männiglich sich Gedanken, was da wohl vorgefallen ist.
Nach dem Mittagessen ein erster Anruf über das Satelitentelefon nach Hause, auch das klappte gut. Es ist beruhigend zu wissen, dass man auch an Bord nicht abgeschnitten ist.
Auch die Nachmittagsstunden verbrachte ich vor allem auf der Aussennock, und dort erlebte ich dann auch die zweite, diesmal echt tierische Überraschung. In den Kielwellen unseres Schiffes sprangen plötzlich einige Tümmler, zum Glück war meine Kamera griffbereit, denn leider wollten die Tiere unsere Geschwindigkeit nicht mithalten und waren rasch wieder ausser Sicht. Ich fühle mich geehrt, diese tollen Tiere einmal in freier Wildbahn gesehen zu haben. Kurz darauf de zweite Überraschung, ich sah etwas grösseres im Wasser treiben. Rasch die Kamera draufgehalten und einige Fotos geschossen. Als ich die Bilder dann vergrössert ansah, erkannte ich eine grosse Schildkröte. die ihren Kopf eben aus dem Wasser gestreckt hatte. Ich habe nicht gewusst dass diese Tiere im Mittelmeer frei leben, umso mehr freute mich auch diese Begegnung.
Ein schöner Sommerabend klang nur allzu rasch aus und bald legte sich die Nacht übers Wasser.

Di 02.06.2015
Ein weiterer Seetag bei strahlend schönem Wetter, anfangs kam der Wind von hinten und kompensierte praktisch den Fahrtwind, sodass es selbst auf der Aussennock annährend Windstill war, Die hohen Temperaturen zwangen immer wieder dazu, den Schatten und die Kühle der Brücke oder der Kabine aufzusuchen. Auch heute wurde das Ausharren auf der Nock belohnt, konnte ich doch wiederum Delphine sowie zwei kleine Schildkröten beobachten. Gegen Abend nahm der Schiffsverkehr in unserem Sichtbereich merklich zu, es war offensichtlich dass wir uns dem Engpass an der Strasse von Gibraltar näherten Kurz nach 20 Uhr versank die Sonne blutrot hinter den Hügeln an der Spanischen Küste, welche in den Stunden davor immer mehr aus dem Dunst herausragten. Da wir morgen gegen 6 Uhr in der Strasse von Gibraltar sein werden, endet auch mein Tag früher, will ich doch bei Tagesanbruch wiederum auf der Brücke sein.