Schiffergesellschaft Rostock/Eiswinter 1928-1929

Antworten
Peter Hartung
Mitglied
Beiträge: 2384
Registriert: So 13. Jan 2008, 17:19

Schiffergesellschaft Rostock/Eiswinter 1928-1929

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

Schon seit längerem befasse ich mich mit den Schiffergesellschaften. Insbesondere mit der Schiffergesellschaft Rostock. Dazu habe ich folgende Fragen:

:arrow: Wer kann aus eigener Kenntnis oder aus entsprechender Literatur Näheres über die Schiffergesellschaft Rostock hier mitteilen?

:arrow: In Warnemünde gibt es offenbar jedes Jahr im Februar/März wiederkehrend eine so genannte "Warnemünder Eiszeit". Wer kann Näheres über die "Warnemünder Eiszeit" mitteilen und gibt es dabei einen Zusammenhang mit der Schiffergesellschaft Rostock?

Würde mich sehr freuen, zu den beiden Stichworten "Schiffergesellschaft Rostock" und "Warnemünder Eiszeit" etwas aus dem Forum zu erfahren. Interessant wären auch Hinweise auf Archive und Museen in Rostock und Warnemünde, die Dokumente über die Schiffergesellschaft Rostock bewahren. Dank im voraus.

mfg Peter Hartung
Zuletzt geändert von Peter Hartung am Mo 8. Nov 2010, 12:14, insgesamt 2-mal geändert.
Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
Creative Commons-Genehmigung lizenziert. Siehe hier: Foto-Lizenz: CC-BY-NC-ND
Peter Hartung
Mitglied
Beiträge: 2384
Registriert: So 13. Jan 2008, 17:19

Re: Schiffergesellschaft Rostock

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

Ich glaube, ich muss mein Anliegen ein wenig veranschaulichen. Auf die Schiffergesellschaft Rostock stieß ich, als mir das Photo einer Urkunde vor einigen Jahren mit einer Gruppenaufnahme aus dem März 1929 zuging. Bei näherer Untersuchung handelte es sich um die Aufnahme-Urkunde in die Schiffergesellschaft Rostock, datiert vom 9. März 1929, für den Kapitän Johannes Richters aus Wischhafen (Elbe), dem späteren Reederei-Inspektor von H. M. Gehrckens, Hamburg.

Hier zunächst die Urkunde, danach Bildausschnitte mit Details:

Bild

Text der Urkunde:
Herr Capt. Johannes Richters wurde am heutigen Tage 9. März 1929 in die Schiffergesellschaft "Z.f.T." (St.K.) aufgenommen. Prüfung mit Gut bestanden. Daneben ein Hexagramm (Zunftzeichen) mit der Inschrift "§ ii". Der Schifferälteste. Unterschrift H. Meincke, links daneben der Stempel der Schiffergesellschaft Rostock.

Bild

sowie der Stempel der Rostocker Schiffergesellschaft:

Bild

und folgenden Abbildungen:

Bild

Bild

Bild

Bild

Die Aufnahme zeigt eine Gruppe von Seeleuten (Kapitänen?), mutmaßlich aufgenommen im März 1929 in Warnemünde:

Bild

Bild

Das Photo ist wie folgt beschriftet:

Bildüberschrift: Eiszeit Febr./März 1929 Warnemünde
Bildunterschrift:
Hintere Reihe (von links nach rechts):
Krüger - Schellenbach - Thayssen - Burmann
Mitte (von links nach rechts):
Wilde - Wegner - Lehmann - Burmeister - Pechel - Ihns - Vick - Gottlob - Schult - Korff - Richters - Grevenitz
Vordere Reihe (von links nach rechts):
Plühmer - Trillhaase - Schmeer
Sitzend: Relczug - Rosskopf - Schulz - Witt
Hund: Lump

Mögen diese zusätzlichen Hinweise evtuelle Antworten auf meine obigen Fragen erleichtern.

mfg Peter Hartung
Bildnachweis: Album Johannes Richters/Norbert Röth.
Zuletzt geändert von Peter Hartung am Mo 8. Nov 2010, 09:48, insgesamt 1-mal geändert.
Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
Creative Commons-Genehmigung lizenziert. Siehe hier: Foto-Lizenz: CC-BY-NC-ND
Fischländer
Mitglied
Beiträge: 899
Registriert: Mi 15. Jul 2009, 08:02
Wohnort: Fischland

Re: Schiffergesellschaft Rostock

Beitrag von Fischländer »

Hallo Peter,
ein schönes Dokument und ein schönes Foto hast du da.
Ich habe in folgendem Buch etwas über die Rostocker Schiffergesellschaft gefunden, vielleicht kannst es über ZVAB bekommen.

"Und am Bug der Greif"
Ein Beitrag zur Geschichte der Rostocker Schiffahrt
von Peter Gerds, Wolf-Dietrich Gehrke
Hinstorff Verlag Rostock 1977

Es wird über die Rostocker Schiffergesellschaft in den Anfängen berichtet.
1566 entstand in Rostock aus der Compagnie der Schonen- und Bergenfahrer die Schiffergesellschaft.
Später wurde aus der Gesellschaft evtl. ein Nautischer-Verein, aber deine Urkunde belegt etwas anderes.

Betreff Eiszeit Warnemünde:
1928/29 war ein sehr starker Eiswinter. Somit hat es nichts mit der Schiffergesellschaft zu tun.
Peter Hartung hat geschrieben:
Bild
Im Hintergrund ist ein Haus zu erkennen. Es ist das Hotel "Am alten Strom" in Warnemünde. Vielleicht war das der Treffpunkt der Schiffergesellschaft.
Folgendes Foto zeigt es in der gleichen Perspektive wie auf deinem alten Foto
http://www.warnemuende-hotel.de/wp-cont ... -strom.jpg
http://maps.google.de/maps?hl=de&q=hote ... a=N&tab=il
Dann wird der Standort deines Fotos folgender sein.
54.176617,12.089723 (einfach kopieren und bei Google-Maps einfügen)

Welche Verbindung besteht zwischen Johannes Richters aus Wischhafen und der Rostocker Schiffergesellschaft?
Ist er bei einer Rostocker Reederei gefahren?
Ich melde mich später nochmal über PN.
Freundliche Grüße vom Fischland.
Meine Fotos sind durch ein Copyright urheberrechtlich geschützt.
Peter Hartung
Mitglied
Beiträge: 2384
Registriert: So 13. Jan 2008, 17:19

Re: Schiffergesellschaft Rostock

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

@ Fischländer:

Hallo Moritz!
Zunächst herzlichen Dank für die Auflösung des "Bilderrätsels", indem Du den Aufnahmeort der Kapitänsgruppe von 1929 in der Nähe des Warnemünder "Hotel Reichshof" vorm. "Hosmanns Hotel" (heute Hotel "Am alten Strom") herausfinden konntest. Danke auch für die PN.

Ich kann Dir Deine Frage, warum ein Kapitän aus Wischhafen Mitglied der Rostocker Schiffergesellschaft wurde, noch nicht abschließend beantworten. Man muss sich seine Biografie genauer anschauen: Ich denke, dass Richters bereits 1929 kein "Wischhafener" mehr war. Am 7. April 1909 verließ der 15 Jahre alte Johannes die Schule in Wischhafen mit einem hervorragendes Entlassungszeugnis. Schon 10 Jahre später - dazwischen lag seine Matrosenzeit und der ganze erste Weltkrieg - bestand Johannes Richters am 8. Mai 1919 vor der Königlich Preußischen Prüfungskommission für Seeschiffer in Altona die Prüfung zum Schiffer auf Großer Fahrt sowie die Prüfung in der Schiffs-Dampfmaschinenkunde. Da war er ein junger Mann von 25 Jahren. Es wird deutlich, welche dynamischen Veränderungen jene Jahre zwischen 1910 und 1920 für die Seefahrt hervorbrachten. Auf den Viermastbarken "HERBERT" und "EDMUND" mit Reisen rund um Kap Hoorn bis nach Chile erlernte Johannes Richters den Seemannsberuf von der Pike auf. Die Schiffe gehörten der Hamburger Segelschiffreederei G. J. H. Siemers & Co. Überliefert ist auch Richters´ Matrosenzeit auf dem Dampfer "Rio Negro" der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft. Auf eigenen Wunsch hatte er den Dampfer am 23. Juni 1914 nach einigen Monaten Fahrtzeit wieder verlassen. Vier Wochen später, am 28. Juli 1914 begann der erste Weltkrieg.

Am 3. Juni 1959 würdigte die Handelskammer Hamburg den Kapitän und Inspektor Johannes Richters für seine vierzigjährige Tätigkeit als Mitarbeiter der Hamburger Reederei H. M. Gehrckens und "der damit bewiesenen Pflichterfüllung im Dienste der deutschen Wirtschaft", wie es in der Ehrenurkunde hieß. Schließlich kamen mehr als fünfzig Jahre zusammen, die Johannes Richters für H. M. Gehrckens tätig war.

Als das Warnemünder Foto im März 1929 entstand, war Johs. Richters bereits Kapitän des Frachtdampfers "STOCKHOLM" (RGTF/DHWN, 607 BRT, 1.730 tdw, LBT 55,00 m x 8,10 m x 4,13 m/4,37 m, 1 Verbunddampfmaschine mit 460 PSi, Baujahr 1885) der Hamburger Reederei H. M. Gehrckens. Johannes Richters wurde also 1928 von H. M. Gehrckens mit der Schiffsführung des Dampfers "Stockholm" betraut. Er war 35 Jahre alt. Hierzu gibt ein Schreiben von H. M. Gehrckens Hamburg an das Seemannsamt Hamburg Auskunft. Datum vom 5.10.1928. Wortlaut: "Der Inhaber dieses, Herr Johannes Richters, ist mit dem heutigen Tage von mir als Führer (Kapitän) meines Dampfers "Stockholm" ernannt. Alle Obliegenheiten, die mit der An- und Abmusterung zu tun haben, hat derselbe als Zeichnungsberechtigter des Dampfers zu erledigen. H. M. Gehrckens".

Um auf die Schiffergesellschaft zurück zu kommen. Ich vermute folgendes: Wie Du ja bisher herausfinden konntest (vgl. Dein Zitat "Und am Bug der Greif"; Ein Beitrag zur Geschichte der Rostocker Schiffahrt von Peter Gerds, Wolf-Dietrich Gehrke, Hinstorff Verlag Rostock 1977), sind für Rostock u.a. die Riga-, die Bergen-, die Schonen- und die Stockholmfahrer verbürgt, die sich später in der Rostocker Schiffergesellschaft zusammenschlossen. Da Richters mit seiner "STOCKHOLM", die er im Jahr 1928 übernommen hatte, Ostseefahrer geworden war, scheint es naheliegend, dass er bei den Rostockern eintrat. Man kann vermuten, dass das alte Foto vor dem Hotel "Reichshof", heute "Am alten Strom", eine illustre Ostseefahrer-Versammlung darstellt.

Dein Hinweis auf den starken Eiswinter 1928/1929 kann eine mögliche Erklärung für das Wort "Eiszeit" über dem alten Foto sein, Mich hatte der Begriff eher an die "Bremer Eiswette" erinnert. Es geht um die Wette, ob die Weser „geiht oder steiht“. Und ich vermute, dass die Rostocker ein ähnliches Ritual hatten, denn das Ende des Winters an der Ostsee bedeutete, dass die Segelschiffe wieder ihr Geld verdienen konnten, ähnlich wie die erste Frühlingsausfahrt auch aus Marstal beschrieben wird.

Eine vergleichbare Hamburger Schiffergesellschaft, die Ostseefahrer aufnahm, ist mir nicht bekannt. Also könnte das Fahrtgebiet (und natürlich die vielen Kapitänskollegen, die im gleichen Fahrtgebiet unterwegs waren) der Grund gewesen sein, warum Richters bei den Rostockern aufgenommen wurde bzw. dort eintrat. Aber das versuche ich noch zu klären, geht es mir doch hauptsächlich um die Schiffergesellschaften.

Da ich auch an das Rostocker Stadtarchiv und das Warnemünder Heimatmuseum geschrieben habe, warte ich von dort noch auf eine Antwort. Still working, coming back soon.

mfg Peter Hartung
Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
Creative Commons-Genehmigung lizenziert. Siehe hier: Foto-Lizenz: CC-BY-NC-ND
Peter Hartung
Mitglied
Beiträge: 2384
Registriert: So 13. Jan 2008, 17:19

Re: Schiffergesellschaft Rostock

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Ich wollte mich mal wieder zu diesem Thema zu Wort melden. Heute geht es noch einmal um die "Warnemünder Eiszeit".

Moritz ("Fischlander") lag völlig richtig mit seiner Behauptung, es habe sich im Winter 1928/1929 um einen ganz besonders schweren Eiswinter in der Ostsee gehandelt und nicht um ein Schiffer- und Kaufmannsritual - wie von mir vermutet - á la "Bremer Eiswette". Moritz´ Aussage haben mir das Museum Warnemünde und das Archiv der Stadt Rostock bestätigt. Dass, wenn das Eis die Schiffe im Hafen festhält, sich die Ostsee-Kapitäne in Warnemünde in großer Runde (siehe Foto oben) treffen konnten, lag somit ja nahe.

Und sogar einen Augenzeugen-Bericht vom Eiswinter 1928/1929 habe ich noch gefunden, den ich hier dokumentieren möchte:

Um den Heilig Abend 1928 herum hatte Tauwetter eingesetzt, dennoch blieb die Ostsee draußen zugefroren. Die Dampfer STELLA und OTTO IPPEN lagen vor Poel im Eise fest. Aus Wismar rückte eine Pioniereinheit der Reichswehr über das Eis und sprengte eine Rinne, um die beiden Dampfer vom Eisdruck zu befreien. Zur gleichen Zeit schob sich schwer arbeitend der Eisbrecher WALFISCH auf das Eis, um eine Fahrrinne zu den noch stilliegenden Dampfern zu brechen. Einmal geriet sein Vorschiff so hoch auf die starke Eisdecke, daß er dort bewegungslos liegenblieb. Mit äußerster Kraft gelang es dem im Kielwasser folgenden Dampfer HINDENBURG, ihn aus dieser Lage zu befreien. Erst dann konnten sie für die beiden vor Poel eingefrorenen Dampfer eine Fahrrinne in den Wismarer Hafen bahnen. Die Besatzungen der Dampfer gingen nach Hause, um das Weihnachtsfest zu feiern und um nach einem kurzem Urlaub wieder auszulaufen. Doch daraus wurde nichts.

Schon zu Beginn der zweiten Neujahrswoche 1929 zeigte das Thermometer 11 Grad Kälte, am 3. Februar 21 Grad und am 10. Februar 25 Grad minus. Und diese Kälte hielt an. Die Ostsee hatte schon so manchen Kälteeinbruch erlebt, dieser aber schlug alle Rekorde. Zugefroren war die See von Mecklenburgs Küste bis hoch nach Schweden. Der Öresund zwischen Schweden und Dänemark war vollkommen vereist; mit Kutschen wurde hin und hergefahren, mitten auf hoher See hatten pfiffige Nordländer Buden aufgestellt, die die Eisreisenden mit warmen Speisen und wärmenden Getränken versorgten, küstennah wurden auch vor Mecklenburg volksfestartige Eisvergnügungen abgehalten. Dann aber war schluss mit lustig.
Alle Ostseehäfen hatten geschlossen, auf der Ostsee herrschte Notstand, von überall her sandten Schiffe durch SOS dringende Hilferufe. Die Schiffsrümpfe liefen Gefahr, von den Eismassen zerdrückt zu werden, auf manchem Dampfer war der Proviant zu Ende. Die Reeder liefen Sturm, nicht nur um ihre Schiffe zu retten, sondern auch, um Prozesse abzuwenden, mit denen Ex- und Importeure wegen Nichterfüllung von Verschiffungsverträgen drohten.

Die Reichsregierung war alarmiert! Sie entsandte die Linienschiffe SCHLESWIG-HOLSTEIN und ELSASS in die westliche Ostsee. Während des gesamten Februar operierten die beiden Kriegsschiffe mit Unterbrechungen im Mare Balticum und befreiten insgesamt 65 eingeschlossene Handelsschiffe aus ihrer Eisnot. Doch auch die Kriegskolosse mussten Federn lassen: Die SCHLESWIG-HOLSTEIN befand sich am 9. Februar auf der Höhe Darßer Ort und hatte fünf Frachtdampfer im Geleit. Nachdem sie noch die Frachter MAGDEBURG und AUGUST THYSSEN freigebrochen hatte, schlossen diese sich dem Geleit an. Der Geleitzug kämpfte sich durch das Eis. Aufgrund der unterschiedlichen Maschinenleistungen der einzelnen Dampfer erforderten das Manövrieren im Verband hohes seemännisches Können. Dennoch lief sich ein Dampfer im Eis fest. Das Linienschiff scheiterte beim Abschleppversuch. Hinzu kam, dass der SCHLESWIG-HOLSTEIN die Kohlen ausgingen und sie zum Bunkern nach Kiel musste. Am 10. Februar war sie mit ELSASS wieder zur Stelle. Nachdem der Geleitzug Fahrt aufgenommen hatte und mit etwa 5 bis 6 Knoten lief, war das Linienschiff nach etlichen Seemeilen dem ständig wachsenden Eis nicht mehr gewachsen. Die folgende AUGUST THYSSEN stoppt sofort ihre Maschine, ist aber schon zu dicht am Linienschiff. Es kommt zur Kollision, beide Schiffe werden beschädigt, die SCHLESWIG-HOLSTEIN muss lädiert zurück in den Kieler Hafen, die ELSASS folgt, bei beiden Schiffen müssen zudem die überbeanspruchten Maschinen überholt werden.

Am 12. Februar meldet Berlin 25 Grad minus, Dresden 31, Russland 44 Grad unter Null.
Nun war abzusehen, dass man der Lage auf der Ostsee nicht mehr Herr wurde. Nicht nur dass Schiffsverluste drohten, auch mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen der Hafenstädte war zu rechnen.
Da zur damaligen Zeit nicht alle Dampfer mit Funk ausgerüstet waren, starteten aus Warnemünde Flugzeuge der Verkehrsfliegerschule zur Schiffssuche, warfen an Lastfallschirmen Proviant ab, und auch dringend benötigte Medikamente. So auch am 8.März für das Fährschiff SCHWERIN, dessen Besatzung hungerte.
Am 21.Februar 1929 werden durch das Reichsverkehrsministerium die sowjetrussischen Eisbrecher JERMAK und TRUVOR gechartert, die bis zum Ende der „Eiszeit“ 120 Schiffe aus ihrer eisigen Umklammerung befreit haben werden. Dänemark chartert den finnischen Eisbrecher SAMPO, auf den die drei Fährschiffe DANMARK, SCHWERIN und MECKLENBURG hoffen. Die DANMARK hatte zuvor die MECKLENBURG befreit, doch beide blieben kurze Zeit später erneut im Eis liegen. Am 10. März dampfen die beiden sowjetischen Eisbrecher heran, befreien das Fährschiff SCHWERIN und bringen es nach Warnemünde, zwei Tage später kommen sie 7 sm vor Warnemünde an die MECKLENBURG heran und holen sie aus dem Packeis. Beide Fährschiffe sind beschädigt und müssen auf die Werft.

Am 26. Februar hatte der sich ständig drehende Wind vor der Hafeneinfahrt Warnemünde fünf bis acht Meter hohes Packeis aufgetürmt, im Neuen Strom in Warnemünde liegen noch am 19. März 26 Dampfer fest, auf Reede Holtenau sind es 46.
Dann aber wird die See offen. Am 24. März ist die Fahrrinne zum Rostocker Hafen frei, was drinnen liegt dampft raus, was draußen lag, kommt rein.

Der Schaden des Eiswinters 1928/29 ist wohl nie beziffert worden. Was sich bewährt hat, war das Können, die Kameradschaft und die Hilfsbereitschaft der Männer zur See.


Der Text erschien im Mecklenburg-Magazin der Schweriner Volkszeitung, genaues Datum unbekannt. Einen weiteren Bericht aus Kiel ist unter diesem Link zu finden: http://www.kiel.de/kultur/stadtarchiv/e ... .php?id=98

Fotos aus jenen Tagen müsste ich noch in meinem Archiv haben. Die folgen hier später.

Zur Schiffergesellschaft "Z.f.T." Rostock folgt ebenfalls später mehr.

mfg Peter Hartung
Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
Creative Commons-Genehmigung lizenziert. Siehe hier: Foto-Lizenz: CC-BY-NC-ND
Peter Hartung
Mitglied
Beiträge: 2384
Registriert: So 13. Jan 2008, 17:19

Re: Schiffergesellschaft Rostock/Eiswinter 1928-1929

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

Hier kommen nun drei Fotos von Frachtdampfern der Hamburger Reederei H. M. Gehrckens, die sehr wahrscheinlich dem Eiswinter 1928/1929 zuzuordnen sind.

Bild
Bildnachweis: Kapt. Kurt Timm, aus der Sammlung von Oliver Timm.
Bild
Bildnachweis: Kapt. Kurt Timm, aus der Sammlung von Oliver Timm.
Bild
Bildnachweis: Kapt. Kurt Timm, aus der Sammlung von Oliver Timm.
Auf der Rückseite des Fotos von der "WANDRAHM" ist handschriftlich notiert: "Eis vor Kiel 45 cm dick."

mfg Peter Hartung
Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
Creative Commons-Genehmigung lizenziert. Siehe hier: Foto-Lizenz: CC-BY-NC-ND
Fischländer
Mitglied
Beiträge: 899
Registriert: Mi 15. Jul 2009, 08:02
Wohnort: Fischland

Re: Schiffergesellschaft Rostock/Eiswinter 1928-1929

Beitrag von Fischländer »

Moin Peter,
es war wieder sehr interessant deinen Beitrag zu lesen. Schön, dass du die Berichte des Winters 1928/29 reingestellt hast. Sie sind äußerst lesenswert.
Auch die Bilder sind mal wieder absolute Spitze.

Meine Überlegungen:
Ausschnitt aus http://www.kiel.de/kultur/stadtarchiv/e ... .php?id=98:
Am 3. März setzten dann schwere Weststürme ein, die eine starke Eisversetzung nach Osten zur Folge hatte, was für die Handelsschiffe gefährlich wurde. Man beschloss daher, sie in Warnemünde in Sicherheit zu bringen.
Peter Hartung hat geschrieben:
Als das Warnemünder Foto im März 1929 entstand, war Johs. Richters bereits Kapitän des Frachtdampfers "STOCKHOLM" (RGTF/DHWN, 607 BRT, 1.730 tdw, LBT 55,00 m x 8,10 m x 4,13 m/4,37 m, 1 Verbunddampfmaschine mit 460 PSi, Baujahr 1885) der Hamburger Reederei H. M. Gehrckens. Johannes Richters wurde also 1928 von H. M. Gehrckens mit der Schiffsführung des Dampfers "Stockholm" betraut.
J. Richters müsste im Winter 28/29 also auf der "STOCKHOLM" gefahren sein.
Ist er auch mit seinem Schiff in der Ostsee eingefroren und wurde dann im März nach Warnemünde eskortiert?
Oder lag sein Schiff in Rostock und er konnte nicht mehr auslaufen?
Ausschnitt aus dem Mecklenburg-Magazin der Schweriner Volkszeitung, genaues Datum unbekannt:
im Neuen Strom in Warnemünde liegen noch am 19. März 26 Dampfer fest
Welche Dampfer das wohl waren? Einer war wohl die "STOCKHOLM".

Das Gruppenfoto ist bei der Kälte eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt wie kalt es gewesen ist. Die "Jungs" haben nur einen Anzug an und einige sitzen sogar auf dem Boden.

Freundliche Grüße.
Meine Fotos sind durch ein Copyright urheberrechtlich geschützt.
Fischländer
Mitglied
Beiträge: 899
Registriert: Mi 15. Jul 2009, 08:02
Wohnort: Fischland

Re: Schiffergesellschaft Rostock/Eiswinter 1928-1929

Beitrag von Fischländer »

Hallo Peter,
auch SS "PLANET" von Oldendorff war im Eis der Ostsee eingeschlossen. Die "SCHLESWIG HOLSTEIN" befreite sie und brachte sie nach Kiel.

Ein Dankeschön geht hier an ArneKiel, weil er den link einer tollen Oldendorff Broschüre reingestellt hat.
ArneKiel hat geschrieben:
Oldendorff "75 Jahre Oldendorff" Broschüre: http://www.oldendorff.com/company/Olden ... _Years.pdf
Bilder von SS "PLANET" im Eis auf Seite 21, 25, 35 und auf Seite 34 ein kleiner Text.
Schöne Grüße!
Meine Fotos sind durch ein Copyright urheberrechtlich geschützt.
Peter Hartung
Mitglied
Beiträge: 2384
Registriert: So 13. Jan 2008, 17:19

Re: Schiffergesellschaft Rostock/Eiswinter 1928-1929

Beitrag von Peter Hartung »

Moin Moritz! Moin Forum!

Meine Antwort auf die beiden obigen Beiträge von Moritz ("Fischländer") zum Thema Eiswinter ist leider verspätet und ich bitte um Entschuldigung. Ich kann Dir Deine Vermutungen aus meinen Unterlagen nicht bestätigen, aber es ist möglich, dass Richters im Eiswinter 28/29 nach Rostock/Warnemünde mit seiner "STOCKHOLM" durch das Eis nach Warnemünde eskortiert wurde. Auch die Bilder und Berichte über die "PLANET" von Oldendorff belegen eindrucksvoll die damalige extreme Situation.

Mal abwarten, wie sich der diesjährige Winter auf die Ostsee auswirken wird...

In Sachen Rostocker Schiffergesellschaft "Z.f.T.", deren Mitglied Kapitän Richters war, bin ich mit Hilfe des Rostocker Stadtarchivs weiter voran und zu einem überraschenden Ergebnis gekommen.

Die Schiffergesellschaften hatten ja immer ihr Stammlokal, weil man bekanntlich auch dem gemeinsamen Feiern nie abgeneigt war. Auf dem nachfolgenden alten Foto sehen wir den Rostocker "Restauratör" Alfons Köpcke.

Bild

Gastwirt Köpcke betrieb schon in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg das Rostocker Restaurant "TEEKANNE" in der Strandstraße 101-102 an der Nordseite der Straße zwischen Großer Mönchen- und Grubenstraße. Und die "TEEKANNE" war das Stammlokal der "Rostocker Schiffergesellschaft Z.f.T.", womit auch das Geheimnis der seltsamen Buchstabenfolge Z. f. T. gelöst wäre. Denn "Z.f.T." heißt nichts weiter als "ZUR FRÖHLICHEN TEEKANNE". :)

Das Lokal war Treffpunkt und Stammlokal der Kapitäne, in ihm fanden die großen Feste der „Rostocker Schiffergesellschaft Z.f.T." statt. Den Namen hatte das Lokal jedoch nach einer großen kupfernen Sparbüchsen-Teekanne für das Konto der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und zur Unterstützung von Seemannswitwen. Ansonsten war die „Teekanne" eingerichtet wie ein kleines Schifffahrts- und Völkerkundemuseum: Schiffsmodelle, exotische Waffen, Sextanten, Seeigel, Sägefische und vieles anderes mehr gehörten zur Ausstattung, sogar ein Orchestrion gab es dort. Das konnte ich einem kurzen undatierten Zeitungsartikel entnehmen, den mir das Stadtarchiv Rostock dankenswerterweise geschickt hat.

Zu den Schiffergesellschaften überhaupt bin ich noch am Arbeiten. Dazu später mal mehr.

mfg Peter Hartung
Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
Creative Commons-Genehmigung lizenziert. Siehe hier: Foto-Lizenz: CC-BY-NC-ND
Fischländer
Mitglied
Beiträge: 899
Registriert: Mi 15. Jul 2009, 08:02
Wohnort: Fischland

Re: Schiffergesellschaft Rostock/Eiswinter 1928-1929

Beitrag von Fischländer »

Moin Peter,
ich habe zufällig noch etwas zum Thema gefunden. Vielleicht ist es dir bei deinen Recherchen behilflich.

"Zur Geschichte der Jahresköste der Kaufmannschaft zu Rostock"
Der Ursprung geht auch auf die Schonen- und Bergenfahrer (später Schiffergesellschaft) zurück, aber lese selbst.
http://www.jahreskoeste.de/gesamt.htm

PN wartet auch in deinem Postfach auf dich ;)
schöne Grüße
Meine Fotos sind durch ein Copyright urheberrechtlich geschützt.
Antworten